Rn. 20

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Es gelten die Grundsätze zu § 7h EStG entsprechend. Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich auf die in § 7h Abs 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale, nämlich auf die Feststellung,

  • ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist,
  • ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen iSd § 177 BauGB
  • bzw Maßnahmen iSd § 7h Abs 1 S 2 EStG durchgeführt und
  • ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln gewährt worden sind (BFH BStBl II 2015, 367).

Allein die Gemeinde prüft, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen iSd § 177 BauGB durchgeführt wurden, und entscheidet nach Maßgabe des BauGB, wie die Begriffe "Modernisierung" und "Instandsetzung" zu verstehen sind und ob darunter auch ein Neubau in bautechnischem Sinne zu subsumieren ist (BFH BStBl II 2018, 272; 2017, 523).

Wie weit die Bindungswirkung der Bescheinigung im Einzelfall reicht, hängt vom jeweiligen konkreten Inhalt der Bescheinigung ab. Ihr Regelungsinhalt ist erforderlichenfalls im Wege der Auslegung unter ergänzender Heranziehung der Vorschriften des BGB zu ermitteln. Das bedeutet, dass empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen sind, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände verstehen muss (Empfängerhorizont). Es ist daher auch zu berücksichtigen, welche behördliche Entscheidung der Betroffene nach seinem Empfängerhorizont in Kenntnis des in seiner Wissenssphäre verwirklichten Sachverhalts billigerweise erwarten durfte. Die Auslegung obliegt ggf dem Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit (BFH BStBl II 2018, 272; 2009, 596).

Zu berücksichtigen ist bei der Auslegung auch, dass die Bescheinigung objektbezogen auszustellen ist (BFH BStBl II 2017, 523).

 

Rn. 20a

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Das bedeutet im Einzelnen:

  • Hat die Bescheinigungsbehörde nach Maßgabe dieser Auslegung zB eine bindende Entscheidung über eine der in § 7h Abs 1 EStG genannten Voraussetzungen getroffen, hat das FA diese im Besteuerungsverfahren ohne weitere Rechtmäßigkeitsprüfung zugrunde zu legen, es sei denn, sie wäre nach § 125 AO nichtig und deshalb unwirksam (Rechtslage bis 31.12.2021). Seit dem 01.01.2021 (s Rn 17c) ist aber zu beachten, dass das FA nunmehr an eine offensichtlich rechtswidrige Bescheinigung nicht mehr gebunden ist; die Rechtsposition des FA im arbeitsteiligen Verfahren wird hierdurch gestärkt (s § 7h Rn 15b, (Handzik)).
  • Hat die Behörde über eine der Voraussetzungen des § 7h Abs 1 EStG keine bindende oder keine Entscheidung getroffen, führt dies nicht zu einem Heimfall der Prüfungsbefugnis an das FA, sondern bedeutet lediglich, dass die in § 7h Abs 2 EStG geforderte Bescheinigung nicht vorliegt. Das FA ist in einer solchen Konstellation allenfalls zur vorläufigen Schätzung nach § 162 Abs 5 AO befugt (zu § 7i EStG BFH BStBl II 2015, 12).
  • Hat die Bescheinigungsbehörde sich umgekehrt zu Fragen geäußert, die nicht in ihre Zuständigkeit gehören, sind derartige Aussagen insoweit nicht bindend (BFH BStBl II 2018, 272).

Mit folgendem Hinweis der Gemeinde in deren Bescheid (betreffend § 7h EStG) hatte sich der BFH auseinanderzusetzen:

Zitat

"Die Finanzbehörde prüft weitere steuerrechtliche Voraussetzungen, insbesondere die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben und die Zugehörigkeit der Aufwendungen zu den Anschaffungskosten i. S. des § 7h Abs. 1 Satz 3 EStG oder den Herstellungskosten, zu den Werbungskosten, insbesondere zum Erhaltungsaufwand, oder zu den nicht abziehbaren Kosten."

Im Streitfall lagen Bescheinigungen der Gemeinde vor, dass an der in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet belegenen Eigentumswohnungen in dem dort bezeichneten Umfang Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen iSd § 177 BauGB nach dem Erwerb durchgeführt worden sind. Diese Bescheinigungen seien, so der BFH BStBl II 2018, 272, bindend. Denn "weitere" Voraussetzungen (so die Hinweise) seien gerade nicht dieselben, sondern andere Voraussetzungen. Auch die folgende Aufzählung nach "insbesondere" erlaube keinen anderen Schluss. Da die Frage, ob das jeweilige Objekt bei dem Eigentümer BV oder PV sei und wie es genutzt werde, nicht in die Zuständigkeit der Bescheinigungsbehörde gehöre, sei es zunächst folgerichtig, die Zuordnung zu den BA, WK oder Sonderausgaben dem FA vorzubehalten. Ebenso könne und dürfe die Bescheinigungsbehörde keine Aussage dazu treffen, wie der betreffende Aufwand im Rahmen der ertragsteuerlichen Einkünfteermittlung zu behandeln sei; dies erkläre den Vorbehalt betreffend die "Zugehörigkeit der Aufwendungen zu den AK oder den HK, zu den WK, insbesondere zum Erhaltungsaufwand, oder zu den nicht abziehbaren Kosten". Diese Gesichtspunkte hätten jedoch auch keinen Einfluss auf die Frage, ob es sich um Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen iSd § 177 BauGB handele.

Zur Remonstration des FA gegen die Behördenbescheinigung s Rn 17.

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