1. Gebäude oder Gebäudeteile

 

Rn. 9

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Als Kulturgüter werden inländische Gebäude und Gebäudeteile bestimmt, die entweder nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften als Baudenkmal unter Schutz gestellt sind (§ 10g Abs 1 S 2 Nr 1 EStG) oder für sich allein nicht die Voraussetzungen eines Baudenkmals erfüllen, aber Teil einer nach den Landesdenkmalschutzgesetzen als Einheit geschützten Gebäudegruppe oder Gesamtanlage sind – sog Ensembleschutz (§ 10g Abs 1 S 1 Nr 2 EStG). Es besteht insoweit Übereinstimmung mit § 7i Abs 1 S 1 und 4 EStG. Denkmalschutzrechtlich geschützte Gebäudeteile können etwa Fassaden, Portale oder einzelne Räume sein.

Gebäudeteile, die selbstständige unbewegliche WG sind, Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume werden durch § 10g Abs 4 S 1 EStG gleichgestellt. Zur Definition des Begriffs des Gebäudes s § 10f Rn 7 (Schindler).

Die Beschränkung auf inländische Gebäude oder Gebäudeteile ist grds unionsrechtlich unbedenklich (EuGH vom 18.12.2014, C-87/13, IStR 2015, 70; EuGH vom 18.12.2014, C-133/13, IStR 2015, 104; s auch BFH vom 26.04.2023, X R 4/21, BStBl II 2023, 870: zu § 10f; Schiessl in Brandis/Heuermann, § 10g EStG Rz 3 (Februar 2023)).

2. Gärtnerische, bauliche und sonstige Anlagen

 

Rn. 10

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Begünstigte Kulturgüter sind weiter inländische gärtnerische, bauliche und sonstige Anlagen, die keine Gebäude oder Gebäudeteile und nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften unter Schutz gestellt sind (§ 10g Abs 1 S 2 Nr 3 EStG). Erforderlich ist eine Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzrecht, nicht nach anderen Vorschriften, etwa dem Natur- oder dem Landschaftsschutzrecht (s Lüdemann in K/S/M § 10g EStG Rz B 2 (Dezember 2019)); Kaligin in Lademann, § 10g EStG Rz 10 (Juli 2012)).

Bei gärtnerischen Anlagen oder Bodendenkmalen kann es allerdings zu Überschneidungen zwischen Denkmal- und Naturschutz kommen, so können zB herausragende Einzelbäume sowohl ein Kultur- als auch ein Naturdenkmal sein. § 10g Abs 1 S 2 Nr 3 EStG umfasst

  • neben historischen Gärten und Parks
  • etwa Ruinen,
  • Industriedenkmale (s VG Potsdam vom 23.02.2005, 2 K 889/00, LKV 2006, 135),
  • nicht zu einem Gebäude gehörende Freitreppen oder Brunnenanlagen,
  • Bodendenkmäler wie zB Gräberfelder, Erdwälle oder Römerstraßen (s OVG Münster vom 27.08.2007, 10 A 3856/06, NVwZ-RR 2008, 305; VG Gelsenkirchen vom 12.12.2029, 16 K 12 444/17).

3. Mobiliar, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken oder Archive

 

Rn. 11

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Der enumerative Katalog der einbezogenen inländischen Kulturgüter enthält nach § 10g Abs 1 S 2 Nr 4 EStG schließlich

  • Mobiliar,
  • Kunstgegenstände,
  • Kunstsammlungen,
  • wissenschaftliche Sammlungen,
  • Bibliotheken und
  • Archive.
 

Rn. 12

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Vom Begriff des Mobiliars werden Möbel und Hausrat umfasst (s Lüdemann in K/S/M, § 10g EStG Rz B 9 (Dezember 2019)). Es kann sich um eine komplette historische Einrichtung, aber auch um Einzelstücke, etwa antike Kommoden, Tische oder Porzellan handeln.

Zu den Kunstgegenständen zählen insbesondere Werke der Malerei, der Bildhauerei, der Fotografie.

Kunstsammlungen und solche der Wissenschaft sind dadurch gekennzeichnet, dass eine größere Anzahl von Einzelobjekten unter bestimmten künstlerischen oder wissenschaftlichen Gesichtspunkten zusammengestellt werden (s BFH vom 17.05.1990, II R 181/87, BStBl II 1990, 710; BFH vom 19.05.1993, V R 110/88, BStBl II 1993, 779). Als Objekte solcher Sammlungen kommen sämtliche Arten von Kunstgegenständen oder von Gegenständen, die für die wissenschaftliche Forschung von Bedeutung sind, in Betracht, etwa auch eine Käfersammlung (s BVerwG vom 30.03.1992, 7 B 21/92, NJW 1992, 2584).

Bibliotheken und Archive sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Bücher, Handschriften oder Akten sowie sonstige Unterlagen nach bestimmten Ordnungsgesichtspunkten sammeln und aufbewahren.

 

Rn. 13

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Die von § 10g Abs 1 S 2 Nr 4 EStG erfassten beweglichen inländische Kulturgüter müssen entweder seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie des StPfl sein oder in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach § 7 KGSG eingetragen sein. Zusätzlich muss ihre Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegen.

 

Rn. 14

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Was unter "Familie" iSd Norm zu verstehen ist, ist von der Rspr noch nicht geklärt. Im Schrifttum wird zum Teil vertreten, dass damit Angehörige iSv § 15 AO gemeint sind (s Kulosa in Schmidt,§ 10g EStG Rz 3 (42. Aufl); Clausen in H/H/R, § 10g EStG Rz 27 (Mai 2017)); Schiessl in Brandis/Heuermann, § 10g Rz 23 (Februar 2023)). Vorzugswürdig ist die weitergehende Ansicht, die auch entferntere Verwandte in der Seitenlinie oder eine Familienstiftung einbezieht (s Lüdemann in K/S/M, § 10g EStG Rz B 15 (Dezember 2019); Kaligin in Lademann, § 10g EStG Rz 10 (Juli 2012)). Sie wird dem spezifischen Förderzweck des § 10g EStG besser gerecht, weil die Schutzwürdigkeit des Kulturgutes unabhängig von der konkreten Struktur des Familienbesitzes besteht.

Der Begriff des "Familienbesitzes" stellt auf die tatsächliche Sachherrsch...

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