Rn. 9a

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

§ 100 Abs 3 Nr 2 EStG regelt vier Voraussetzungen:

  • Es muss sich um eine Zahlung des ArbG handeln (zum ArbG s Rn 7).
  • Die Beitragszahlung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen (dazu Rn 9b).
  • Zur Höhe der Förderung und zum Mindestbeitrag s Rn 15 ff mit Beispielen.
  • Die Zahlung muss an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung erfolgen (dazu s Rn 9c).
 

Rn. 9b

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Mit drei Urt v 01.08.2019 (BFH BStBl II 2020, 106; BFH/NV 2019, 1339; 2019, 1341) hat der BFH seine Rspr zu der in verschiedenen Steuerbefreiungs- und Pauschalbesteuerungsnormen oder anderen steuerbegünstigenden Normen des EStG enthaltenen Tatbestandsvoraussetzung, wonach die jeweilige Steuervergünstigung davon abhängt, dass eine bestimmte ArbG-Leistung "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erbracht werden muss, geändert. Der BFH hat seine frühere Rspr aufgegeben, nach der nur freiwillige ArbG-Leistungen, also Leistungen, die der ArbG arbeitsrechtlich nicht schuldet, zusätzlich in diesem Sinne erbracht werden konnten (BFH v 19.09.2012, BStBl II 2013, 395 und BFH v 19.09.2012, BStBl II 2013, 398). Nunmehr kommt es nicht mehr darauf an, ob der ArbN auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat.

Der BFH verneint, dass bestimmte Steuervergünstigungen für Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung (je nach arbeitsvertraglicher Ausgestaltung) durch die Zusätzlichkeitsvoraussetzung ausgeschlossen werden. Voraussetzung sei nur, dass der verwendungsfreie Arbeitslohn zugunsten verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen des ArbG arbeitsrechtlich wirksam herabgesetzt wird (Lohnformwechsel). Ansonsten liege eine begünstigungsschädliche Anrechnung oder Verrechnung vor (BFH v 01.08.2019, BStBl II 2020, 106). Das Zusätzlichkeitserfordernis ist auf den Zeitpunkt der Lohnzahlung zu beziehen.

Beiträge, die aus einer Entgeltumwandlung oder Eigenbeteiligungen des ArbN stammen, sind nicht begünstigt ebenso wie die für die BAV verwendeten vermögenswirksamen Leistungen und in diesem Zusammenhang gewährte Erhöhungsbeiträge des ArbG (BMF BStBl I 2018, 147 Rz 111, 112 und BMF BStBl I 2019, 834; Eisgruber in Kirchhof, § 100 EStG Rz 5; Lindberg in Blümich, § 100 EStG Rz 6).

Das BMF hat mit Schreiben v 05.02.2020 (BMF BStBl I 2020, 222) auf die vorgenannte neue BFH-Rspr v 01.08.2019 mit einem Nichtanwendungserlass und "im Vorgriff auf eine entsprechende Gesetzesänderung" reagiert; Leistungen des ArbG oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung werden danach nur dann "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erbracht, wenn

(1) die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
(2) der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
(3) die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
(4) bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht

wird. Dies gilt nach BMF im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unabhängig davon, ob der Arbeitslohn tarifgebunden ist; s sind somit im gesamten Lohn- und ESt_Recht nur echte Zusatzleistungen des ArbG steuerbegünstigt.

Durch das JStG 2020 v 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) ist die vom BMF annoncierte Gesetzesänderung mit Einfügung des § 8 Abs 4 EStG tatsächlich eingetreten. Die oben genannten Nr 1–4 des BMF-Schreibens v 05.02.2020 sind wörtlich so in § 8 Abs 4 S 1 EStG übernommen worden. Mit der Neuregelung ist (für das gesamte EStG) klargestellt, dass nur echte Zusatzleistungen des ArbG steuerbegünstigt sind (s auch BR-Drucks 503/20 v 03.09.2020, 85, 86 zu § 8 Abs 4 EStG-E). Neu hinzugekommen ist auch § 8 Abs 4 S 2 EStG:

Zitat

"Unter den Voraussetzungen des Absatz 4 Satz 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Leistung auch dann auszugehen, wenn der ArbN arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Grundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat."

Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 19/25160, 209) hat dieser Satz 2 Klarstellungsfunktion; damit können nicht nur einzelvertragliche, sondern auch durch Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag und Besoldungsgesetz zusätzliche Leistungen des ArbG festgelegt werden.

Nach Art 1 Nr 6 Buchst b des JStG 2020 v 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) iVm Art 50 Abs 1 JStG 2020 tritt § 8 Abs 4 EStG nF am Tag nach Verkündung des JStG 2020 in Kraft, dh, § 8 Abs 4 EStG ist anzuwenden ab VZ 2020.

 

Rn. 9c

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Die Zahlung des ArbG muss an

  • einen Pensionsfonds,
  • eine Pensionskasse oder
  • eine Direktversicherung

erfolgen; ausgeschlossen sind mithin Beiträge an die Unterstützungskasse (§ 1b Abs 4 BetrAVG) und Direktzusagen; hier hat der ArbG die Leistungen der BAV selbst zu erbringen und bildet dazu Pensionsrückstellungen (zum Ganzen s auch Anzinger in H/H/R, § 100 EStG Rz 34...

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