Entscheidungsstichwort (Thema)

Lastschrift. Insolvenzanfechtung. Genehmigungstheorie

 

Leitsatz (amtlich)

1. In der bloßen Fortsetzung des Zahlungsverkehrs auf einem mit Lastschriftbuchungen belasteten Konto kann jedenfalls solange keine stillschweigende Genehmigung der Belastungsbuchungen gesehen werden, als die sechswöchige Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen den Saldo noch nicht abgelaufen ist.

2. Die Genehmigungsfiktion der Nr. 7 Abs. 4 Sparkassen AGB (a.F.) wirkt nicht gegenüber dem „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt.

3. Eine erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter erteilte Genehmigung einer Lastschriftbuchung unterliegt nicht der Insolvenzanfechtung.

 

Normenkette

InsO §§ 130, 140 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Kerpen (Urteil vom 02.07.2009; Aktenzeichen 25 C 365/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 21.10.2010; Aktenzeichen IX ZR 240/09)

 

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Kerpen vom 02.07.2009 – 25 C 365/08 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berfung trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter der U GmbH, Köln (im Folgenden: Schuldnerin), von der Beklagten aufgrund Insolvenzanfechtung Zahlung eines Betrages von 1 120,20 EUR.

Die Schuldnerin unterhielt bei der Stadtsparkasse Köln (heute: Sparkasse KölnBonn) ein Girokonto. Die zum damaligen Zeitpunkt geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Stadtsparkasse Köln (im Folgenden: AGB) enthielten in Nr. 7 Abs. 4 folgende Bestimmung:

Einwendungen gegen eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, muss der Kunde unverzüglich schriftlich (…) erheben (…). Hat er eine im darauf folgenden Rechnungsabschluss enthaltene Belastungsbuchung nicht schon genehmigt, so gilt die Genehmigung spätestens dann als erteilt, wenn der Belastung nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses widersprochen wird.

Aufgrund einer von der Schuldnerin erteilten Einzugsermächtigung zog die beklagte Stadt im November 2004 im Wege des Lastschriftverfahrens vom Girokonto der Schuldnerin den Betrag von 1 120,20 EUR für fällige Grundbesitzabgaben ein. Der Betrag wurde dem debitorisch geführten Konto der Schuldnerin am 12.11.2004 belastet. Die Stadtsparkasse Köln erteilte der Schuldnerin am 31.12.2004 einen Rechnungsabschluss für das vierte Quartal 2004.

Die Schuldnerin stellte zum Jahresende 2004 ihren Geschäftsbetrieb ein und beantragte am 30.12.2004 die Einleitung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 13.01.2005 bestellte das Amtsgericht Köln den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen der Schuldnerin nur noch mit Zustimmung des Klägers wirksam seien (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO).

Mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 27.06.2005 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger erklärte mit Schreiben an die Beklagte vom 25.09.2008, dass er in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter die Lastschriftzahlung in Höhe von 1 120,12 EUR genehmige und zugleich die vorbezeichnete Zahlung anfechte. Er forderte die Beklagte unter Fristsetzung zum 24.10.2008 auf, den vorgenannten Betrag nebst Zinsen an ihn zu zahlen.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.07.2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückgewähr des Lastschriftbetrages zu. Die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO lägen nicht vor. Die Schuldnerin habe die Abbuchung noch vor Stellung des Insolvenzantrages durch die fortgesetzte Nutzung ihres Kontos konkludent genehmigt.

Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 06.07.2009 zugestellt worden ist, richtet sich seine am 04.08.2009 eingelegte und gleichzeitig begründete Berufung.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er macht insbesondere geltend: Eine stillschweigende Genehmigung einer Lastschriftabbuchung durch Weiternutzung des Kontos komme nur unter besonderen, hier nicht vorliegenden, Umständen in Betracht. Die gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO anfechtbare Rechtshandlung sei die gemäß Nr. 7 Abs. 4 der AGB zum 11.02.2005 fingierte Genehmigung der Belastungsbuchung, die wegen der Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt zunächst schwebend unwirksam gewesen, vom Kläger jedoch mit Schreiben vom 25.09.2008 genehmigt worden sei.

Der Kläger beantrag...

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