Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen

 

Verfahrensgang

AG Neuwied (Beschluss vom 14.02.2000; Aktenzeichen 22 IK 28/99)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und der Antrag der Schuldnerin vom 15. November 1999 auf Ersetzung der Zustimmung des Gläubigers gegen die Einwendungen betreffend den Schuldenbereinigungsplan wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Schuldnerin.

 

Gründe

Durch den angefochtenen Beschluss, auf dessen Gründe zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat der Insolvenzrichter die Einwendungen des Gläubigers gegen den von der Schuldnerin vorgelegten Schuldenbereinigungsplan durch gerichtliche Zustimmung ersetzt.

Der Gläubiger hatte seine Zustimmung im Wesentlichen mit der Begründung verweigert, dass er sich aufgrund des Schuldenbereinigungsplanes schlechter stehe, als bei Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens mit anschließender Wohlverhaltensphase. Daher stehe § 309 Abs. 1 Ziffer 2 InsO der Ersetzung der Zustimmung entgegen. Dem Finanzamt werde die Aufrechnungsmöglichkeit gegen zu erwartende Lohnsteuerjahresausgleichsforderungen der Schuldnerin durch den Schuldenbereinigungsplan genommen. Bei Durchführung eines vereinfachten Insolvenzverfahrens könne er in der sogenannten Wohlverhaltensperiode weiterhin aufrechnen.

Das Amtsgericht vertritt die Auffassung, dass über den Wortlaut des Aufrechnungsverbotes des § 96 InsO hinaus jenes auch in der sich anschließenden Wohlverhaltensperiode gelte. Diese Auslegung erfordere der Sinn und Zweck der Insolvenzordnung, nämlich, die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger sicherzustellen. Im Übrigen könne die Schuldnerin in jeder Lage des Verfahrens selbst Einfluss auf die Höhe der Steuerrückerstattung nehmen, in dem sie die Steuerklasse und/oder den Freibetrag so einrichte, dass der monatliche Steuerbetrag so niedrig wie zulässig ausfalle, mit der Folge, dass kein bedeutsamer Erstattungsbetrag entstehe.

Gegen die dem Gläubiger am 18. Februar 2000 zugestellte Entscheidung wendet sich dieser mit der beim Amtsgericht am 2. März 2000 eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes sein erstinstanzliches Ziel weiter verfolgt. Ergänzend wird geltend gemacht, dass etwaige Manipulationen der monatlich pfändbaren Beträge durch Ausnutzung steuerrechtlich zulässiger Wahlmöglichkeiten ebenfalls dem Grundgedanken der InsO widerspreche und daher als nicht zulässig angesehen werden müssten.

Die gemäß § 309 Abs. 3 Satz 3 InsO in Verbindung mit §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Gemäß § 309 Abs. 1 Ziffer 2 InsO findet die Ersetzung der Zustimmung einzelner Gläubiger zum Schuldenbereinigungsplan, der grundsätzlich mehrheitlich genehmigt worden ist, nicht statt, wenn der Gläubiger durch den Schuldenbereinigungsplan wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung von Restschuldbefreiung stünde. Dabei ist im Zweifel zugrundezulegen, dass die Einkommens- und Vermögens- sowie Familienverhältnisse des Schuldners zum Zeitpunkt des Antrages nach Satz 1 während der gesamten Dauer des Verfahrens maßgeblich bleiben.

Die hier entscheidende Frage ist, ob das Finanzamt, dessen Einwendungen durch die Zustimmung des Gerichtes ersetzt wurden, durch den Schuldenbereinigungsplan wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als bei Durchführung des Insolvenzverfahrens. Im Rahmen dieser Prüfung kommt es in der Tat – wie das Amtsgericht zutreffend heraus gestellt hat – auf die Kernfrage an, ob eine Aufrechnung mit möglicherweise nach Durchführung des Insolvenzverfahrens von der Schuldnerin zu beanspruchenden Lohnsteuererstattungsansprüchen gegen die Vollstreckungsforderung des Finanzamtes zulässig ist.

Die Frage, ob der Lohnsteuererstattungsanspruch als Teil des pfändbaren Arbeitseinkommens anzusehen ist, mit der Folge, dass es nach Durchführung des Insolvenzverfahrens im Rahmen der Wohlverhaltensphase dem Treuhänder abzutreten ist, ist ersichtlich in der Rechtsprechung nur für den Fall diskutiert, dass der Arbeitgeber den Lohnsteuerjahresausgleich durchführt, wovon hier aber nicht ausgegangen werden kann. Für diesen Fall nimmt die herrschende Meinung an, dass der Erstattungsanspruch vollstreckungsrechtlich zum Arbeitseinkommen gehört (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Aufl. Rdnr. 24 zu § 92 m.w.N.). Man wird für den vorliegenden Fall nicht davon ausgehen können, dass es sich insoweit um abtretungspflichtige Beträge handelt, wenn die Schuldnerin gegenüber dem Finanzamt eine Forderung auf Rückerstattung zuviel gezahlter Lohnsteuer erhebt. Deshalb beansprucht § 287 InsO für derartige Forderungen auch keine Geltung. Nach dieser Bestimmung ist dem Antrag auf Restschuldbefreiung die Erklärung beizufügen, dass der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältni...

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