Tenor

Die Beschwerden der Beschuldigten vom 19.7.2010 und 20.7.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts XXX vom 25.6.2010 - Az.: XXX - werden verworfen.

 

Gründe

I.

Im Jahr 2008 nahm ein unbekannter Informant Kontakt zu der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung auf und bot dieser eine CD mit Daten über bei der Schweizer Großbank Credit Suisse unterhaltene Kapitalanlagen von in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtigen Personen zum Kauf an. Auch in der Folgezeit kamen die Kontakte mit dem Informanten ausschließlich auf dessen Initiative zustande. Die Prüfung eines vorab erhaltenen Probedatensatzes durch die Finanzverwaltung ergab, dass die auf der CD enthaltenen Daten inhaltlich korrekt waren und in der Mehrheit der Fälle entsprechende ausländische Kapitalerträge in den Steuererklärungen der Steuerpflichtigen nicht angegeben worden waren. Am 26.2.2010 erwarb die Finanzverwaltung die CD gegen Zahlung eines Entgelts. Die CD unterhält u. a. 1106 Datensätze, die in einer Excel-Tabelle zusammengefasst dargestellt sind. Die Datensätze enthalten jeweils eine Ordnungsnummer, die Konto-Nummer der XXX, Personalien der Kontoinhaber, Kontaktdaten wie Telefonnummern oder Postversandadressen, den Anlagebetrag und das Kontoeröffnungsdatum. Dieser Datenbestand ist augenscheinlich von dem Informanten aus einem anderen Datenbestand entnommen, abgeschrieben und sodann - wie beschrieben - aufgelistet worden.

Bei den Beschuldigten handelt es sich um auf dieser CD benannte Personen. Nach dem Inhalt der CD unterhielten die Beschuldigten seit dem Jahr 2007 ein Konto bei der XXX, auf dem sich ein Betrag in Höhe von ca. 1.930.000 SFr befand. Die Kapitalerträge aus dem Kontoguthaben wurden von ihnen steuerlich nicht erklärt.

Auf Antrag des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung hat das Amtsgericht XXX am 25.6.2010 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss erlassen. Hinsichtlich dessen Inhalts wird auf Blatt 319 der Akte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden der Beschuldigten vom 19.7.2010 und 20.7.2010 sind unbegründet. Der angefochtene Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts XXX vom 25.6.2010 ist rechtmäßig.

Nach § 102 StPO kann bei demjenigen, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat verdächtig ist, eine Durchsuchung der Wohnung oder anderer Räume vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird. Voraussetzung einer Durchsuchung nach § 102 StPO ist damit die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Straftat begangen ist; hierfür müssen zureichende, tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Aufgrund kriminalistischer Erfahrung muss zudem die konkrete Aussicht bestehen, dass der Zweck der Durchsuchung erreicht werden kann (Meyer-Goßner, StPO, 53. Auflage, § 102 Rn. 2 m. w. N.). Nach § 94 I, II StPO können Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können und sich im Gewahrsam einer Person befinden, beschlagnahmt werden. Die Voraussetzungen der §§ 102, 94 I, II StPO liegen hier vor.

Der für den Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses erforderliche, aber auch ausreichende Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 I AO ergibt sich hier aus der von der Finanzverwaltung am 26.2.2010 von einem Informanten erworbenen CD. Die Beschuldigten sind auf dieser CD als Inhaber eines Kontos bei der XXX genannt. Nach den Ermittlungen der Finanzverwaltung haben die Beschuldigten die daraus resultierenden Kapitalerträge steuerlich nicht erklärt.

Der Annahme eines Anfangsverdachts steht die Herkunft dieser tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung nicht entgegen. Diese unterliegen keinem Beweisverwertungsverbot.

Die Annahme eines Beweisverwertungsverbots setzt nach allgemeiner Meinung zunächst eine fehlerhafte staatliche Beweiserhebung voraus. Bereits das Vorliegen einer staatlichen Beweiserhebung erscheint hier nach Auffassung der Kammer fraglich. Denn die Daten, die hier einen Anfangsverdacht gegen die Beschuldigten begründen, sind von den Ermittlungsbehörden nicht selbst ermittelt worden. Vielmehr handelt es sich um von einer Privatperson "ermitteltes" Datenmaterial. Die Verwertung solchen "privat-deliktisch" beigebrachten Materials ist nicht per se unzulässig (BVerfGE 34, 238, 245 ff.; BGHSt 27, 355, 357; EGMR NJW 1989, 654, 656; BayObLG NJW 1997, 3454, 3455). Eine Unverwertbarkeit "privat-deliktisch" beigebrachten Beweismaterials ist nach der herrschenden Meinung allerdings dann anzunehmen, wenn die Beweisbeschaffung des Privaten extrem menschenrechtswidrig war, die Verwertung des Materials einen eigenen und ungerechtfertigten Grundrechtseingriff bildet oder das privat-deliktische Vorgehen durch Ermittlungsbehörden gezielt ausgelöst wurde (Kölbel NStZ 2008, S. 241, 242 m. w. N.). Keiner dieser Ausnahmefälle ist hier gegeben: Die Entwendung von Bankdaten kann offenkundig nicht als "extrem menschenrechtswidrig" eingestuft werden. Der in einer gerichtlichen Verwertung der Daten best...

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