Leitsatz

1. Die Regelung über den Leistungsort in § 3a Abs. 4 UStG umfasst, anders als die gemeinschaftsrechtliche Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL, nicht alle Bank- und Finanzumsätze.

2. Die "bankmäßige Vermögensverwaltung" im Sinn einer Verwaltung von aus Wertpapieren und Termingeldern bestehenden Vermögen nach eigenem Ermessen wird entweder vom Begriff der Bank- und Finanzumsätze i.S.d. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL umfasst oder fällt als Leistung von Beratern u.a. unter die Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der 6. EG-RL.

3. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG kommt nicht nur für Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft selbst in Betracht, sondern bei richtlinienkonformer Auslegung auch für Leistungen eines außenstehenden Verwalters.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nr. 8 und Nr. 10, § 4 Nr. 8 Buchst. a, § 3a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG, Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Bank, erzielte Erlöse in Gestalt von "Portfolio-Management-Gebühren" aus der Verwaltung von Geldvermögen für einen Anleger aus Drittländern (u.a. Kuwait) und aus einem Mitgliedstaat (Luxemburg). Sie konnte das ihr anvertraute Vermögen (Aktien, Obligationen, Termingelder) im Rahmen von im Voraus vereinbarten Anlagerichtlinien nach eigenem Ermessen im Namen und für Rechnung des jeweiligen Anlegers umschichten. Die bei der Umschichtung der Portfolios anfallenden Kos­ten waren von den Kunden gesondert zu tragen.

Das FG bestätigte das FA (EFG 2004, 1012): Die von der Klägerin erbrachten Portfolio-Management-Leistungen seien als individuelle Vermögensverwaltung im Inland steuerbar und steuerpflichtig.

 

Entscheidung

Die Revision führte aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG.

Die Voraussetzungen eines Vorsteuerausschlusses nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG waren noch zu prüfen. Das hing davon ab, ob es sich bei den Vertragspartnern der Klägerin in Luxemburg um Sondervermögen i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-RL und bei den Leistungen der Klägerin um solche ausgelagerten Dienstleistungen gehandelt hat, die als eigenständiges Ganzes mit den spezifischen und wesentlichen Funktionen der befreiten Umsätze erfüllen. Möglicherweise führt das Verfahren V B 155/07 zu weiterer Klärung.

 

Hinweis

1. Der Leistungsort für bestimmte Umsätze richtet sich danach, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 3 und 4 UStG). Die 6. EG-RL regelt den Leistungsort für "Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze, einschließlich Rückversicherungsumsätze, ausgenommen die Vermietung von Schließfächern der bankmäßigen Vermögensverwaltung". Das UStG dagegen knüpft -- nicht deckungsgleich -- an die Steuerbefreiungen der in § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g und -- seit Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 ausdrücklich auch Buchst. h -- genannten Finanzdienstleistungen an.

2. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG regelt die Steuerfreiheit der Verwaltung von "Sondervermögen". Diese Kapitalanlagegesellschaften/Investmentgesellschaften betreffende Steuerbefreiung ist, wie der EuGH bereits im Urteil vom 04.05.2006, Rs. C-169/04 -- Abbey National -- (BFH-PR 2006, 285) entschieden hatte -- nicht nur auf die Kapitalanlagegesellschaft selbst beschränkt, sondern betrifft auch außenstehende Verwalter, wenn deren Leistungen die wesentlichen Elemente der befreiten Leistung umfassen. Der BFH hat -- unter Hinweis auf die vom Gesetzgeber beabsichtigte Anpassung an die EG-RL -- entschieden, dass § 4 Nr. 8 h UStG auch für zurückliegende Zeiträume anzuwenden ist. Nicht entscheidend ist dabei, dass es sich um ein Sondervermögen nach deutschem Recht handelt; denn nach Gemeinschaftsrecht haben die Mitgliedstaaten ein Ermessen zur Definition der "Sondervermögen". Es reicht deshalb, dass ein durch einen (anderen) Mitgliedstaat definiertes Sondervermögen vorliegt.

3. Im Urteil vom 22.10.2004, Rs. C-8/03 -- BBL -- (BFH-PR 2005, 27) hatte der EuGH entschieden, dass das Empfängerortprinzip nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL sowohl für "Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze" als auch für Beratungsumsätze gilt. Schichtet eine Bank im Namen und für Rechnung des Anlegers im Rahmen vereinbarter Anlagerichtlinien Wertpapiere aufgrund eigener Entscheidungsbefugnis um, liegt nach der Entscheidung des BFH nicht lediglich eine -- i.d.R. durch Entscheidungshilfe gekennzeichnete -- Beratungsleistung vor.

4. Liegt keine Beratungsleistung vor, kommt es da­rauf an, ob die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8c, e und h UStG erfüllt sind. Die Steuerbefreiungen nach § 4 Buchst. Nr. 8 Buchst. c und e UStG setzen voraus, dass die Leistung zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führt. Das hat der BFH für die Portfolioverwaltung der zuvor erläuterten Art bejaht (anders die Auffassung der Verwaltung, vgl. Abschn. 29 Abs. 4 Satz 10 UStR 2008). Der BFH geht offenbar davon aus, dass es sich nicht um "Verwal...

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