Leitsatz

Betankt ein Leasingnehmer das geleaste Fahrzeug bei Tankstellen mittels einer Kreditkarte des Leasinggebers entsprechend einer "Übereinkunft über Kraftstoffverwaltung" für Rechnung des Leasinggebers, so liegt keine Kraftstofflieferung des Leasinggebers an den Leasingnehmer vor. Die Mineralölgesellschaft verschafft nicht dem Leasinggeber, sondern dem Leasingnehmer die Verfügungsmacht an dem Treibstoff. Die "Übereinkunft über Kraftstoffverwaltung" ist in Fällen wie im Streitfall kein Vertrag über Kraftstofflieferung, sondern ein Vertrag über die Finanzierung des Bezugs von Kraftstoff.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 UStG , § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG , § 18 Abs. 9 UStG , §§ 59 ff. UStDV

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Leasingunternehmen mit Sitz in den Niederlanden. Der Leasingnehmer konnte neben dem Leasingvertrag über ein Kfz mit der Klägerin noch eine "Übereinkunft über Kraftstoffverwaltung" treffen. Er erhielt dann von der Klägerin einen so genannten ALH-Pass sowie eine Tankkreditkarte des deutschen Kreditkartenunternehmers DKV, die die Klägerin als Kundin des DKV nennt. Beides ermöglichte dem Kunden, auf Rechnung der Klägerin Kraftstoffe zu tanken.

Der DKV rechnete mit der Klägerin ab. Zahlte der Leasingnehmer die Treibstoffrechnung nicht mit der Kreditkarte des DKV, sondern bar, erstattete die Klägerin ihm die (zunächst) verauslagten Beträge. Der Leasingnehmer hatte an die Klägerin monatlich 1/12 der voraussichtlichen Benzinkosten zu zahlen; am Jahresende wurde nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet. Hinzu kam eine zusätzliche Gebühr für die Kraftstoffverwaltung.

Die Klägerin, die die gesamten Leasing-Leistungen einschließlich der Kraftstoffkosten in den Niederlanden versteuerte, beantragte erfolglos die Vergütung der Umsatzsteuer (§§ 59 ff. UStDV) aus den Treibstoffrechnungen deutscher Tankstellen für die Jahre 1989 bis 1993. Das FG war der Auffassung, Leistungsempfänger der Treibstofflieferungen der Mineralölgesellschaften sei nicht die Klägerin, sondern der jeweilige Leasingnehmer, und hat die Klage abgewiesen.

 

Entscheidung

Der BFH hatte mit der Überlegung, es liege bei Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 8.3.1988, Rs. 165/86 – Intiem (Slg. 1988, 1471) eine Kraftstoff-Lieferung an die Klägerin vor, die Rechtssache dem EuGH zur Klärung der dann sich anschließenden Rechtsfragen vorgelegt. Der EuGH meinte dagegen, in Fällen der vorliegenden Art verschaffe die Mineralölgesellschaft nicht dem Leasinggeber (Klägerin), sondern dem Leasingnehmer die Verfügungsmacht an dem Treibstoff. Zwischen Mineralölgesellschaft und Leasinggeber komme kein Vertrag zustande, der die Lieferung des Treibstoffs an den Leasinggeber zum Gegenstand habe. Der EuGH ging letztlich davon aus, dass die Kreditfunktion der "Übereinkunft über Kraftstoffverwaltung" für den Kraftstofflieferer erkennbar war. Der Klägerin, die keine Lieferung erhalten hatte, stand danach kein Vorsteuerabzug nach § 15 UStG zu. Der BFH schloss sich dem an.

 

Hinweis

Nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 59 UStDV ist die Vergütung der abziehbaren Vorsteuerbeträge unter den dort genannten Voraussetzungen nach §§ 60 und 61 UStDV durchzuführen. Die Entscheidung betrifft die – nach § 18 Abs. 9 letzter Satz UStG i.d.F. des JStG 1996 für Kraftstoffe nicht mehr mögliche – Vorsteuervergütung in einem Fall, in dem jemand für Rechnung eines in einem andern Mitgliedstaat ansässigen Leasinggebers Kraftstofflieferungen bezog.

Berechtigt zum Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) und deshalb auch zur Vorsteuervergütung ist nur der Leistungsempfänger. Leistungsempfänger ist regelmäßig, wer nach dem Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist. Mit Urteil vom 8.3.1988, Rs. 165/86 – Intiem (Slg. 1988, 1471) hatte der EuGH in einem Fall, in dem der Arbeitnehmer entsprechend einer Vereinbarung des Arbeitgebers/Unternehmers mit der Tankstelle nach der – mit Fahrten für den Arbeitgeber/Unternehmer verbundenen – Arbeit für Rechnung des Unternehmers tankte, entschieden:

Wenn ein Arbeitgeber (Unternehmer) aufgrund einer Vereinbarung mit einem seiner Arbeitnehmer und mit einem anderen Unternehmer, dem Lieferer, für eigene Rechnung Gegenstände an diesen Arbeitnehmer liefern lässt, die der Arbeitnehmer ausschließlich für geschäftliche Zwecke des Arbeitgebers gebraucht, kann er die ihm, dem Arbeitgeber, für diese Lieferungen in Rechnung gestellte Vorsteuer abziehen.

Fraglich war nun, wer Leistungsempfänger ist, wenn ein Leasingnehmer mit einem vom Leasinggeber ausgestellten Tank-Pass – der den Leasingnehmer als Kunden des Leasingunternehmers ausweist – und einer auf den Leasinggeber ausgestellten Kreditkarte Treibstoff bezieht. Die zuvor erwähnte Entscheidung des EuGH (Intiem) sprach für die Überlegung, Leistungsempfänger sei der Leasinggeber.

Davon ausgehend stellte sich im Besprechungsfall die nächste Frage, ob die im Inland erfolgte Weiterlieferung isoliert zu betrachten ist oder in der – in einem anderen Mitgliedstaat zu besteuernden – Leasing-Leistung des Leasinggebers aufgeht. Die...

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