Leitsatz

1. Ein Landwirt, der einen Teil der wesentlichen Elemente seines landwirtschaftlichen Betriebs langfristig verpachtet und/oder vermietet und mit dem Restbetrieb seine Tätigkeit als Landwirt fortsetzt, führt mit einer solchen Verpachtung und/oder Vermietung keine landwirtschaftlichen Umsätze aus, die gem. § 24 UStG nach Durchschnittsätzen versteuert werden könnten.

2. Dabei ist unerheblich, ob die verpachteten und/oder vermieteten Teile des landwirtschaftlichen Betriebs einen (für sich lebensfähigen) Teilbetrieb bilden.

 

Normenkette

§ 24 UStG, Art. 25 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger, Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, verpachtete für mehr als 10 Jahre einen Teil des landwirtschaftlichen Betriebs einschließlich zugepachteter Milchquote an einen anderen Landwirt. Mit der verbleibenden Fläche und den restlichen Wirtschaftsgebäuden unterhielt er einen verkleinerten Betrieb.

Der Kläger meinte, die Verpachtung unterliege der Durchschnittsatzbesteuerung, weil die Umstände nicht (ganz) vergleichbar seien wie im Fall Harbs. Vergeblich.

 

Entscheidung

Der Kläger hatte langfristig ca. 4/5 der Gesamtfläche seines landwirtschaftlichen Betriebs (den Boxenlaufstall, einen Weidestall mit Melk- und Tankanlagen sowie die gesamte Milch-Referenzmenge) – und damit einen Teil der wesentlichen Elemente seines landwirtschaftlichen Betriebs – an einen anderen Landwirt verpachtet. Das schließt die Anwendung der Pauschalregelung insoweit aus. Dass der Pacht- oder Mietvertrag schließlich tatsächlich schon viel früher geendet hatte, war ohne Bedeutung.

 

Hinweis

Es handelt sich um eine Entscheidung, die die Erkenntnisse aus dem EuGH, Urteil vom 15.7.2004, Rs. C-321/02, Harbs (BFH-PR 2004, 405) weiter umsetzt. Das Ergebnis kam nicht überraschend. Was ertragsteuerrechtlich noch als Landwirtschaft gelten mag, muss umsatzsteuerrechtlich aufgrund der 6. EG-RL und der Rechtsprechung des EuGH verprobt werden. Wer die Liste der landwirtschaftlichen Dienstleistungen der 6. EG-RL liest, kann die Grenzen der Pauschalbesteuerung ohne weiteres ausloten. Mancher Rechtsstreit gerät so zum Bumerang.

Nach den Grundsätzen der EuGH-Rechtsprechung darf ein landwirtschaftlicher Erzeuger, der einen Teil der wesentlichen Elemente seines landwirtschaftlichen Betriebs langfristig verpachtet und/oder vermietet hat und mit dem Restbetrieb seine Tätigkeit als Landwirt, hinsichtlich deren er unter die gemeinsame Pauschalregelung fällt, fortsetzt, die Umsätze aus einer solchen Verpachtung und/oder Vermietung nicht nach dieser Pauschalregelung behandeln. Der damit erzielte Umsatz unterliegt der normalen Mehrwertsteuerregelung.

Daraus folgt: Der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs,

  • der einen Teil seines Betriebs (die Milchviehwirtschaft) aufgibt und die dazu erforderlichen Wirtschaftsgüter an einen anderen Landwirt verpachtet und
  • der auch nach der Verpachtung weiterhin in nicht geringfügigem Umfang als Landwirt tätig ist,

darf die Verpachtungsumsätze nicht – wie seine übrigen Umsätze – gem. § 24 UStG nach Durchschnittsätzen versteuern; die Verpachtungsumsätze unterliegen der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften.

Die Vermietung, die Verpachtung und die Einräumung eines Nießbrauchs, mit denen ein Landwirt die ausschließliche Nutzung von unbeweglichen Sachen wie Grundstücken oder Gebäuden einem anderen Landwirt überlässt, damit dieser die Früchte daraus zieht, fallen nicht unter Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 5 der 6. EG-RL, weil der überlassende Landwirt die betreffenden Güter damit nicht mehr gewöhnlich verwenden kann. Das Gleiche gilt deshalb auch für die langfristige Vermietung aller anderen Bestandteile des Betriebs, die ausschließlich der Mieter nutzt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.10.2005, V R 64/00

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