aa) Anwendung der §§ 2 bis 16 BewG (Abs. 2 Satz 1)

 

Rz. 99

[Autor/Stand] Absatz 2 Satz 1 des § 2 HGrStG erklärt die allgemeinen Bewertungsvorschriften für anwendbar, soweit sie für die Anwendung des HGrStG erforderlich sind. Zwar werden damit die §§ 2 bis 16 BewG insgesamt in Bezug genommen. Dies hat aber nicht zur Folge, dass diese Vorschriften für die Hessische Grundsteuer insgesamt von Bedeutung sind. Mit der Vollverweisung auf die allgemeinen Bewertungsvorschriften wird zunächst nur deren grundsätzliche Anwendbarkeit sichergestellt. Im Ergebnis stellt das Landesrecht damit nur den Zustand her, der auch unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BewG erreicht wäre (Rz. 97).

Zudem stellt § 2 Abs. 2 Satz 1 HGrStG die Anwendbarkeit der allgemeinen Bewertungsvorschriften unter den Vorbehalt, dass "sie zur Anwendung dieses Gesetzes [HGrStG] erforderlich sind". Damit wird der Inhalt von § 1 Abs. 2 BewG landesrechtlich übertragen mit der Folge, dass die allgemeinen Bewertungsvorschriften hinter den spezielleren Vorschriften des Hessischen Grundsteuergesetzes zurücktreten (Rz. 102).

 

Rz. 100

[Autor/Stand] Durch Inbezugnahme der allgemeinen Bewertungsvorschriften soll insbesondere § 2 BewG zur Anwendung gebracht werden (vgl. zur dortigen Kommentierung § 2 BewG Rz. 1 ff.). Die Vorschrift über die wirtschaftliche Einheit ist für das Grundsteuerrecht von besonderer Bedeutung. Denn hierdurch wird der Umfang des Besteuerungsobjekts determiniert. Aus Gründen der Rechtskontinuität, -klarheit und -einheitlichkeit ist die Anknüpfung an diesen durch die Rechtsprechung ausgefüllten und umfassend geklärten Rechtsbegriff folgerichtig. Seine Bedeutung wird dadurch unterstrichen, dass auch § 1 HGrStG (Rz. 84) und § 4 Abs. 3 HGrStG (Rz. 207) im konkreten Kontext nochmals ausdrücklich auf § 2 BewG verweisen. Der Verweis auf § 2 BewG hat zur Folge, dass sowohl dem Bundes- als auch dem Landesrecht ein identisches Bewertungsobjekt (§ 2 Abs. 1 BewG) – wirtschaftliche Einheit – zu Grunde liegt (Ausnahme § 2 Abs. 2 Satz 2 HGrStG, Rz. 103). Im Übrigen wird nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 HGrStG die besondere Negierung der Eigentümeridentität für Ehegatten und Lebenspartnern (§§ 266 Abs. 5, 26 BewG) landesrechtlich nachvollzogen (Rz. 109 ff.).

 

Rz. 101

[Autor/Stand] Bedeutung für das Hessische Grundsteuergesetz kommt auch § 3 BewG (Wertermittlung bei mehreren Beteiligten) zu (vgl. zur dortigen Kommentierung § 3 BewG Rz. 1 ff.). Der Steuermessbetrag ist für Zwecke der Hessischen Grundsteuer nach § 3 Satz 1 BewG auch dann einheitlich im Ganzen zu ermitteln, wenn an der wirtschaftlichen Einheit mehrere Personen (Eigentümergemeinschaften) beteiligt sind (Rz. 172, Rz. 178 ff.). Für eine Verteilung des ganzen Werts auf die beteiligten Personen nach § 3 Satz 2 BewG besteht für Zwecke der (Hessischen) Grundsteuer kein Bedürfnis (Rz. 180 ff.).

 

Rz. 102

[Autor/Stand] Den §§ 9 bis 16 BewG kommt für die Hessische Grundsteuer keine Bedeutung zu. Insbesondere wird die Regelung zum gemeinen Wert (§ 9 BewG) durch die Vorschriften zum Flächen-Faktor-Verfahren überlagert. Diese Vorschriften sind für die Anwendung des Hessischen Grundsteuergesetzes nicht erforderlich (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 HGrStG).

[Autor/Stand] Autor: Schulze, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Schulze, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Schulze, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Schulze, Stand: 01.05.2022

bb) Einschränkung des § 2 BewG, Verhinderung von Zerlegungsfällen (Abs. 2 Satz 2)

 

Rz. 103

[Autor/Stand] Grundsätzlich können nach § 2 Abs. 1 BewG mehrere Wirtschaftsgüter (z.B. zwei Flurstücke) als eine (insgesamt zu bewertende) wirtschaftliche Einheit zusammengefasst werden (§ 3 BewG Rz. 56 f.). Davon macht § 2 Abs. 2 Satz 2 HGrStG für den sachlichen Anwendungsbereich des Hessischen Grundsteuergesetze (Rz. 82, Rz. 85) eine Ausnahme. Der Grundsatz gilt danach nur dann, soweit die Wirtschaftsgüter im Gebiet derselben Hessischen Gemeinde belegen sind. Gehören beispielsweise zwei aneinander angrenzende Flurstücke demselben Eigentümer (§ 2 Abs. 2 BewG) und sind sie in unterschiedlichen Gemeinden belegen (z.B. Stadt Frankfurt und Stadt Mörfelden) könnten diese Wirtschafsgüter nach Bundesrecht (§ 2 Abs. 1 BewG) als eine wirtschaftliche Einheit behandelt werden. Wegen § 2 Abs. 2 Satz 2 HGrStG liegen demgegenüber landesrechtlich zwingend zwei wirtschaftliche Einheiten vor.

 

Rz. 104

[Autor/Stand] Die Einschränkung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HGrStG hat zur Folge, dass sich der Steuergegenstand "Grundstück" (§ 2 Nr. 2 GrStG) im sachlichen Anwendungsbereich des Hessischen Grundsteuergesetzes (Rz. 82, Rz. 85) ausnahmslos nur auf das Gebiet einer Gemeinde erstreckt (die Einschränkung gilt also nicht für das nach bundesrecht geregelte land- und forstwirtschaftliche Vermögen). Die Situation, dass sich ein Flurstück über mehrere Gemeinden erstreckt, kommt in Hessen aus katasterrechtlichen Gründen nicht vor. Das einzelne Flurstück endet immer an der Gemeindegrenze. Demgegenüber wird die Situation mehrerer in unterschiedlichen Gemeinden belegenen Flurstücke durch § 2 Abs. 2 Satz 2 HGrStG erfasst und in dem Sinne geregelt, dass sie keine wirtschaftliche Ei...

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