Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld und Annahmeverzug. Höhe des abzuziehenden Arbeitslosengeldes als Bruttobetrag einschließlich der von der Bundesanstalt abgeführten Sozialversicherungsbeiträge
Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Arbeitnehmer einen Annahmeverzugsanspruch gegen den Arbeitgeber auf Entgeltzahlung für einen Zeitraum, in dem er Arbeitslosengeld bezogen hat, dann muss er sich von der eingeklagten Bruttoentgeltforderung neben dem Nettobetrag bezogenen Arbeitslosengeldes auch die hierauf durch die Bundesanstalt für Arbeit als Arbeitnehmeranteil abgeführten Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung abziehen lassen. Nach §§ 115 Abs. 1 SGB X, 14 SGB IV ist auch dieser Teil seines Arbeitsentgeltanspruches auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen.
2. Da davon auszugehen ist, dass die Bundesanstalt die Abführung der Beiträge regelmäßig gesetzeskonform vorgenommen hat, ist es im Prozess Sache des Arbeitnehmers darzulegen, in welcher Höhe der Anspruch nicht mehr besteht, oder zu erklären, dass die Abführung der Beiträge gesetzwidrig unterblieben ist. Fehlt eine solche Darlegung, ist der Entgeltanspruch nicht schlüssig dargelegt.
Normenkette
SGB X § 115
Verfahrensgang
ArbG Bayreuth (Urteil vom 28.03.2002; Aktenzeichen 2 Ca 1207/01 A) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth, Kammer Hof, vom 28.03.2002, Az. 2 Ca 1207/01 A, teilweise abgeändert.
II. Der Beklagte hat an den Kläger für die Monate Oktober 2001 bis Januar 2002 (Ziff. V bis VIII. des arbeitsgerichtlichen Urteils) EUR 6.534,32 (i.W. Euro sechstausendfünfhundertvierunddreißig 32/100) brutto abzüglich EUR 4.300,35 (i.W. Euro viertausenddreihundert 35/100) (Arbeitslosengeldzahlungen einschließlich der hierfür abgeführten Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.02.2002 zu zahlen.
III. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/15, der Beklagte 14/15 zu tragen.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers, die Berechtigung einer Abmahnung, Entgelt- und über Annahmeverzugsansprüche.
… (wird ausgeführt)
Entscheidungsgründe
Aus den Entscheidungsgründen:
I.
… (wird ausgeführt)
II.
…(wird ausgeführt)
1. Das Arbeitsverhältnis besteht in der Tat fort, weil Beendigungstatbestände – mit Ausnahme der vom Beklagten angenommenen Eigenkündigung des Klägers vom 28.09.2001 – nicht behauptet worden sind. Soweit der Beklagte meint, das Schreiben vom 28.09.2001 beinhalte eine Kündigungserklärung, kann dem nicht gefolgt werden.
… (wird ausgeführt)
4. Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch die Ansprüche aus Annahmeverzug bejaht. Hinsichtlich des Bestehens des Zurückbehaltungsrechtes und der Höhe des dem Kläger zustehenden Entgelts kann auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen werden; der Beklagte hat in der Berufungsinstanz gegen die Berechnung Einwendungen auch nicht erhoben.
Die Ansprüche des Klägers waren allerdings um die durch die Bundesanstalt für Arbeit für den Kläger abgeführten Beiträge zu mindern. Die Bundesanstalt hat diese Beiträge nämlich für und zugunsten des Klägers abgeführt; dieser – und ohne Abtretungserklärung des Arbeitnehmers nicht die Bundesanstalt für Arbeit – hätte bei Überzahlung Anspruch auf Erstattung (§ 26 Abs. 3 SGB IV). Vorliegend liegt eine Überzahlung jedoch nicht vor. Die Bundesanstalt hat einen Teil desjenigen Arbeitsentgeltanspruches erfüllt, den der Kläger gegenüber dem Beklagten hatte. Teil dieses Entgelts sind auch die abgeführten Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung. Mit Erfüllung durch die Bundesanstalt für Arbeit gehen die Ansprüche auf dieses Arbeitsentgelt – wieder einschließlich der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, was sich aus der Regelung des § 14 Abs. 2 SGB IV deutlich ersehen lässt, weil hiernach selbst bei vereinbartem Nettoentgelt die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge ausdrücklich als zum Arbeitsentgelt gehörend definiert werden – auf die Bundesanstalt für Arbeit über (§ 115 Abs. 1 SGB X). Sie stehen dem Kläger daher nicht mehr zu; eine Klage hierauf kann nicht begründet sein. Dies gilt unabhängig davon, dass die Bundesanstalt regelmäßig ein dem Gesetz, wie dargestellt, nicht entsprechendes Beitragsverrechnungsverfahren praktiziert (vgl. hierzu Schlegel in Küttner, Personalbuch, a.a.O., „Sozialversicherungsbeiträge” Rn. 38; Huber in Personalbuch, a.a.O., „Entgeltrückzahlung” Rn. 24 ff.). Eine Rückabtretung diesbezüglicher Ansprüche durch die Bundesanstalt an den Kläger hat dieser nicht behauptet. Eine Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung der vollen Bruttobeträge an den Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung bereits geleisteter Beiträge würde auch zu ungerechten Ergebnissen führen. Der Arbeitnehmer bräuchte die Beiträge, soweit sie schon durch die Bundesanstalt geleistet sind, nicht nochmals an d...