Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung von Formulierungen in einem Arbeitszeugnis

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Bewertung "zu unserer vollen Zufriedenheit" in einem Arbeitszeugnis bezeichnet eine durchschnittliche, der Schulnote befriedigend entsprechende Leistung.

2) Die Aussage, das Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Fahrgästen "gab zu keinem Zeitpunkt Anlass zu Beanstandungen" liegt auf demselben Niveau wie die Bewertung des Verhaltens als "stets einwandfrei".

3) Einzelfall, in dem der Arbeitgeber erfolgreich dargelegt hat, dass eine unterdurchschnittliche Leistungsbewertung gerechtfertigt war.

 

Normenkette

BGB §§ 630, 109

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 31.07.2014; Aktenzeichen 8 Ca 5852/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 31.07.2014 in Sachen 8 Ca 5852/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Bewertungen der Gesamtleistung und des Verhaltens des Klägers in dem ihm von der Beklagten erteilten Arbeitszeugnis.

Der Kläger trat am 01.11.2012 in ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten als Omnibusfahrer im Linienverkehr. Die Parteien vereinbarten zunächst eine Probezeit, die am 31.01.2013 enden sollte.

Am 16.11.2012 erschien der Kläger 20 Minuten zu spät zum Dienstantritt. Ursache hierfür war, dass sich auf der Wegstrecke des Klägers von zu Hause zur Arbeitsstelle ein schwerer Verkehrsunfall ereignet hatte, der zu einer Straßensperrung führte.

Am 22.01.2013 erschien der Kläger erneut 15 Minuten zu spät zum Dienstantritt.

Mit Schreiben vom 30.01.2013 (Bl. 20 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, die Probezeit bis zum 30. April 2013 zu verlängern, um ihm weitere Gelegenheit zum Einarbeiten zu bieten. Zur Begründung führte die Beklagte an: "Die Anforderungen, die wir an Sie gestellt haben, konnten Sie leider in diesem Zeitraum nicht zu unserer vollen Zufriedenheit erfüllen."

Der Kläger erteilte sein Einverständnis zur Verlängerung der Probezeit.

Am 07.03.2013 konnte der Kläger seine Fahrt mit einem Linienbus nicht auf dem vorgesehenen Linienweg fortsetzen, da eine Straße infolge Bauarbeiten unpassierbar war. Der Kläger wich daraufhin von der vorgegebenen Fahrtstrecke seiner Linie ab, ohne zuvor die Leitstelle der Beklagten zu informieren. In diesem Zusammenhang kam es auch zu einer Fahrgastbeschwerde, weil ein Schüler, der sich an Bord des Busses befunden hatte, angeblich an einer falschen Haltestelle ausgestiegen sei.

Am 03.04.2013 trat der Kläger seinen Dienst um 29 Minuten zu spät an, so dass ein anderer Fahrer den ersten Linienumlauf des Klägers übernehmen musste (vgl. Bl. 23 d. A.). Unter dem 04.04.2013 beurteilte die zuständige Niederlassungsleitung die Leistung des Klägers während der verlängerten Probezeit dahingehend, dass er "die an ihn gestellten Anforderungen nicht voll erfüllt" habe, und empfahl, das Arbeitsverhältnis zu lösen. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger daraufhin unter Einhaltung der für eine Kündigung während der Probezeit maßgeblichen Kündigungsfrist zum 21.04.2013.

Unter dem Datum des 06.06.2013 erteilte die Beklagte dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, auf dessen vollständigen Wortlaut Bezug genommen wird (Bl. 4 d. A.). Der vorletzte Zeugnisabsatz lautet wie folgt:

"Die ihm übertragenen Arbeiten erledigte Herr E zu unserer Zufriedenheit. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Fahrgästen gab zu Beanstandungen keinen Anlass."

Mit der am 19.07.2013 beim Arbeitsgericht Köln erhobenen vorliegenden Klage begehrt der Kläger, die Leistungsbeurteilung des Zeugnisses in "zu unserer vollen Zufriedenheit" abzuändern und die Verhaltensbeurteilung so zu fassen, dass sie zu lauten habe: "Sein Verhalten gegenüber Fahrgästen, Vorgesetzten und Kollegen war stets einwandfrei".

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe die von ihm begehrte durchschnittliche Leistungsbewertung zu. Die beiden Verspätungen vom 16.11.2012 und 22.01.2013 habe er nicht verschuldet. Hierzu behauptet er, am 22.01.2013 sei er an sich wegen Durchfalls arbeitsunfähig gewesen und habe den Dienst krankheitsbedingt absagen wollen. Bei dem entsprechenden Telefonat um 5.00 Uhr morgens habe ihn der Disponent jedoch gebeten, zumindest zu versuchen, ob er arbeiten könne, da er so schnell sonst keinen Ersatz finden könne.

Die Fahrgastbeschwerde vom 07.03.2013 sei unberechtigt, da der fragliche Schüler an derjenigen Haltestelle ausgestiegen sei, an der er habe aussteigen wollen, und es nicht Aufgabe des Busfahrers sei, einem Fahrgast vorzuschreiben, wo er auszusteigen habe.

Auch die Verspätung vom 03.04.2013 könne ihm nicht angelastet werden. In dem ihm bekannten Dienstplan vom 09.12.2012 sei für diesen Tag ein späterer Dienstbeginn vorgesehen gewesen. Zwar sei der Dienstplan in der Tat später geändert worden. Dies habe er, der Kläger, jedoch nicht mitbekommen, da er vor dem 03.04.2013 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.

Der Kläg...

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