Veräußerungsverluste dürfen gem. § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften im selben Kalenderjahr verrechnet werden (z. B. auch mit solchen Gewinnen aus der Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern i. S. d. § 23 EStG, wie z. B. Grundstücke oder Goldhandel).[1] Jedoch können sie gem. § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG auch im Rahmen des Verlustabzugs gem. § 10d EStG geltend gemacht werden, sodass eine Verrechnung mit Einkünften des unmittelbar vorangegangenen[2] oder der nachfolgenden Veranlagungszeiträume möglich ist. Werden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, besteht die Möglichkeit des Verlustausgleichs von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften des einen Ehegatten mit entsprechenden Veräußerungsgewinnen des anderen.[3]

 
Hinweis

Verluste vor Ablauf der Spekulationsfrist realisieren

Sofern Wertpapiere – mit denen Kryptowährungen diesbezüglich vergleichbar sind – innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit Verlust veräußert und in derselben Anzahl und Art am selben Tag – jedoch zu verschiedenen Kursen – wieder verkauft werden, handelt es sich nicht um Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO.[4] Sollte sich ein Verlust kurz vor Ablauf der Jahresfrist abzeichnen und auch zukünftig nicht mit einer Wertsteigerung zu rechnen sein, sollte die Realisierung dieser Verluste erwogen werden. Dieser Verlust kann dann mit künftigen Gewinnen aus § 23 EStG verrechnet werden.

Die hohe Volatilität der Kryptowährungen verbunden mit auf lange Sicht erwartbar steigenden Kursen motiviert viele Anleger zu folgender steuerlich sinnvollen Anlagestrategie:

(1) Verluste werden stets rechtzeitig vor Ablauf der Spekulationsfrist realisiert und die Coins unmittelbar neu angeschafft. So baut sich nach und nach ein – bei Bedarf – später nutzbarer Verlustvortrag auf. Sollten wegen eines vom Anleger prognostizierten Kurseinbruchs Coins in der Spekulationsfrist verkauft werden, können die Verlustvorträge nutzbar gemacht werden.

(2) Gewinne werden – soweit wirtschaftlich sinnvoll – unmittelbar nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei realisiert. Dies ebenfalls verbunden mit einer unmittelbaren Neuanschaffung. Dies verhindert zudem eine rückwirkende Steuerverstrickung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG, falls die Coins z. B. nach Ablauf der Jahresfrist Erträge abwerfen oder sich die Rechtslage hinsichtlich der Besteuerung ändern sollte.

In vielen Fällen, in denen die Anleger Verluste erwirtschaftet haben, diese steuerlich aber bislang noch nicht deklariert haben, können diese Verluste noch nachträglich festgestellt und dann mit späteren Gewinnen verrechnet werden.[5] Der Verlustfeststellungsbescheid nach § 10d EStG stellt einen vom Einkommensteuerbescheid zu unterscheidenden Verwaltungsakt mit eigenen steuerlichen Verjährungsfristen nach den §§ 169 ff. AO dar. Trotz der verfahrensrechtlichen Trennung des Verlustfeststellungsbescheides und des Einkommensteuerbescheides lehnen einige Finanzämter den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides – u. E. unzutreffend – unter Hinweis auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen des Vorliegens von "grobem Verschulden" ab. Gesehen werden muss aber, dass der BFH[6] eine Nachholung der Verlustfeststellung – wegen inhaltlicher Bindungswirkung nach § 10 d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG – nicht mehr zulässt, wenn eine Korrektur des Einkommensteuerbescheids (auch wenn die festgesetzte Steuer 0 EUR beträgt) verfahrensrechtlich nicht mehr möglich ist.

[1] So auch OFD NRW Kurzinformation ESt Nr. 04/2018 v. 20.4.2018, DB1269856,

Ronig, NWB-EV 2018 S. 132, 134; Figatowski/Feser, NWB 2022 S. 705, 709.

[2] Hierbei kann der Verlustrücktrag beliebig begrenzt werden.
[3] BMF, Schreiben v. 5.10.2000, IV C 3 – S 2256 – 263/00, BStBl 2000 I S. 1383 unter Hinweis auf BFH, Urteil v. 6.7.1989, IV R 116/87, BStBl 1989 II S. 787,

Levedag in Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 23, Rn. 97; Brinkmann in Omlor/Link, Kryptowährungen und Token, 2021, Kap. 13, Rn. 101.

[4] S. hierzu BFH, Urteil v. 25.8.2009, IX R 60/07, BStBl 2009 II S. 999,

Levedag in Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 23, Rn. 97; Brinkmann in Omlor/Link, Kryptowährungen und Token, 2021, Kap. 13, Rn. 101.

[5] S. Beispiele bei Figatowski/Feser, NWB 2022 S. 706, 709.

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