In der Insolvenz der Gesellschaft kann es für den Gesellschafter richtig bitter werden. Dann haftet er mit seinem privaten Vermögen bis zur Höhe der von ihm gestellten Sicherheit, während seine Beteiligung an der Gesellschaft gleichzeitig wertlos wird. Viele Gesellschafter glauben, sie wären von allen Pflichten frei, wenn die GmbH die gesicherte Schuld bezahlt hat. Dem ist in der Insolvenz der Gesellschaft – selbst bei doppelter Sicherheitenstellung durch Gesellschaft und Gesellschafter – nicht so. Stichwort ist die Finanzierungsfolgenverantwortung des Gesellschafters zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft.

 
Praxis-Beispiel

Die GmbH schafft sich eine Maschine an, die Verpackungen für Lebensmittel herstellt. Die Maschine kostet 2,8 Mio. EUR. Die GmbH finanziert diese Anschaffung über einen Mietkaufvertrag. Das bedeutet, die GmbH mietet die Maschine an und zahlt monatliche Raten. Sobald alle Raten bezahlt sind, erwirbt sie das Eigentum an der Maschine. Der Gesellschafter musste dem Mietkaufvertrag als Vertragspartner und damit auch als Schuldner beitreten, er haftet damit für alle Raten. Die Raten zahlt aber erst einmal die GmbH aus ihren Umsätzen. Nach einem Jahr gerät die GmbH in die Insolvenz. Der Grund war die mangelhaft arbeitende Maschine, die ständig zu Produktionausfällen führte. Der Insolvenzverwalter übernimmt und prüft, ob er insolvenzspezifische Ansprüche geltend machen kann. Hierbei entdeckt er die Mithaftung des Gesellschafters für die Zahlung der Mietraten. Er fordert daher den Gesellschafter auf, die von der GmbH gezahlten Mietraten des letzten Jahres vor der Insolvenzantragstellung, die sich auf 500.000 EUR der Masse belaufen, zu erstatten. Die Anspruch ist grundsätzlich begründet, siehe dazu sogleich die Ausführungen.

6.1 Anfechtbarkeit durch Insolvenzverwalter

Mit dem Inkrafttreten des MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008) sind das Eigenkapitalersatzrecht in Form der §§ 32a, 32b GmbHG a. F. und die dazu parallel entwickelten Rechtsprechungsregelungen weggefallen. Das Eigenkapitalersatzrecht knüpfte an das Merkmal der Krise an.

Die Neuregelungen finden sich in der Insolvenzordnung (InsO). Nunmehr ist unerheblich, ob die Sicherheit der Krisenfinanzierung diente. Das mit dem Eigenkapitalersatzrecht verbundene Prinzip des Gläubigerschutzes gilt aber weiter. Der Gesellschafter muss unter bestimmten Voraussetzungen mit der Insolvenzanfechtung von Rückzahlungen und Sicherungen und damit persönlichen Verlusten rechnen.

6.1.1 Rückzahlung bis zu einem Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Wird die von einem Gesellschafter besicherte Forderung des Gläubigers entweder im letzten Jahr vor oder aber nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Rückzahlung oder Verwertung einer zusätzlichen Gesellschaftssicherheit befriedigt, ist dies durch den Insolvenzverwalter anfechtbar. In der Folge muss der Gesellschafter den an den Gläubiger ausgekehrten Betrag zur Insolvenzmasse erstatten (§§ 135 Abs. 2, 143 InsO).[1] Angefochten wird nicht die Rückzahlung an den Dritten, sondern das Freiwerden des Gesellschafters von der gestellten Sicherheit, was als Gläubigerbenachteiligung gewertet wird. D. h. nicht der Dritte hat die an ihn geflossene Leistung zurückzugewähren, sondern der Gesellschafter muss bis zu dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit Ersatz in die Insolvenzmasse leisten. Im Ergebnis wird also erwartet, dass der Dritte (z. B. die Bank) an erster Stelle die Sicherheit des Gesellschafters verwertet (z. B. die Bürgschaft) und dass der Gesellschafter selbst aufpasst und dafür sorgt, dass dies geschieht.[2]

Der Grundsatz der vorrangigen Verwertung der Gesellschafter-Sicherheit gilt auch bei einer Doppelbesicherung. Hat die Gesellschaft also beispielsweise selbst eine Sicherheit bestellt – etwa durch Sicherungsübereignung von betrieblichen Maschinen – und besteht daneben eine Bürgschaft des Gesellschafters, muss letztere zuerst verwertet werden. Ansonsten hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit der Anfechtung mit der Folge eines Erstattungsanspruchs gegenüber dem Gesellschafter. Dieser Anspruch muss vom Insolvenzverwalter innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden (§ 146 InsO).

Dem Gesellschafter hilft keine Verzichtserklärung des Gläubigers, der sich bei doppelter Sicherung für die Verwertung der Gesellschaftssicherheit entschieden hat. Auch dann bleibt der Gesellschafter zur Erstattung zugunsten der Insolvenzmasse verpflichtet.[3] In einem einzigen, in der Praxis fast nie vorkommenden Fall, wird eine Gläubigerbenachteiligung verneint: Nämlich dann, wenn die Masse ohne die Anfechtung ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen.

6.1.2 Umgehungsmöglichkeiten abgeschnitten

Angefochten werden können nicht nur Darlehen, sondern auch dem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderungen (§ 135 Abs. 2 InsO). Hier sind z. B. Zahlungen von Leasingraten, Leistungen an einen stillen Gesellschafter oder Zahlungen auf gestundete K...

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