OFD Rheinland, Verfügung v. 1.12.2010, S 0186 - 2010/0001

 

1. Zweckbetrieb nach § 67 AO

Ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) oder der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) fällt, ist nach § 67 Abs. 1 AO ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden. Ein Krankenhaus, das nicht unter diese Vorschriften fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt berechnet wird, als es ein unter das KHEntgG oder die BPflV fallendes Krankenhaus nach § 67 Abs. 1 AO berechnen würde (§ 67 Abs. 2 AO).

Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Leistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Dazu rechnen insbesondere ärztliche Leistungen, Pflege und Versorgung, Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter und die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson eines Patienten (§ 2 KHEntgG; § 2 Abs. 2 BPflV).

Seit dem 1.1.2004 ist mit § 17b Abs. 1 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschaliertes Entgeltsystem eingeführt worden (Fallpauschalen). Mit diesen Entgelten werden die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Dabei erfolgt die Vergütung nunmehr nach einem einheitlichen Katalog für die jeweils in Anspruch genommenen Leistungen grundsätzlich unabhängig von der Dauer des Krankenhausaufenthalts, wohingegen bisher eine Abrechnung nach Tagessätzen erfolgte. Die BPflV gilt seit dem 1.1.2004 nur noch für psychiatrische Einrichtungen, Einrichtungen für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin.

Seit diesem Zeitpunkt kann ein Krankenhaus als Zweckbetrieb anerkannt werden, wenn mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen nur Fallpauschalen berechnet werden. Obwohl bei der neuen Abrechnungsform für die meisten Krankenhäuser die Anzahl der Pflegetage keine Rolle mehr spielt, müssen diese für den steuerlichen Nachweis auch weiterhin gesonderte Aufzeichnungen über die Anzahl der Pflegetage führen.

 

2. Inanspruchnahme von Wahlleistungen

Neben den allgemeinen Krankenhausleistungen werden von den Krankenhäusern häufig auch so genannte Wahlleistungen gesondert angeboten und berechnet. Zu den typischen Wahlleistungen gehört beispielsweise die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Chefarztbehandlung oder das Angebot einer besseren Unterkunft wie die Wahl eines Ein-/Zweibettzimmers, eines Telefons und eines Fernsehgeräts.

Wahlleistungen sind bei einem Krankenhaus zum einen bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft (§ 67 AO) einzubeziehen, zum anderen ist – wenn es sich um ein steuerbegünstigtes Krankenhaus im Sinne des § 67 AO handelt – zu prüfen, ob eine angebotene Wahlleistung zum Zweckbetrieb des Krankenhauses zu rechnen ist oder einen eigenständigen (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet.

Zur steuerlichen Beurteilung von zusätzlichen Leistungen bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:

 

2.1. Überlassung von Fernsprecheinrichtungen und Fernsehgeräten durch das Krankenhaus gegen Entgelt an die Patienten

Die entgeltliche Überlassung von Fernsprecheinrichtungen und Fernsehgeräten durch Krankenhäuser an ihre Patienten erfolgt im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Sie kann nicht über § 67 AO dem Bereich des Zweckbetriebs Krankenhaus zugerechnet werden, da Krankenhäuser nur mit ihren ärztlichen oder pflegerischen Leistungen einen Zweckbetrieb i.S. des § 67 AO begründen können. Die Telefon- und Fernsehnutzung gehört nicht zu den pflegesatzfähigen Krankenhausleistungen, sondern zu den gesondert abzurechnenden Wahlleistungen. Auch für eine Zuordnung zum Zweckbetrieb Krankenhaus im Billigkeitswege besteht – entgegen der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung, bei der Nutzungsüberlassung handele es sich um eine unschädliche Annehmlichkeit – kein Raum.

Ein Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO liegt ebenfalls nicht vor, da die steuerbegünstigten Satzungszwecke auch ohne diese Nutzungsüberlassung erreicht werden können und damit die Voraussetzung des § 65 Nr. 2 AO nicht erfüllt ist.

 

2.2. Berechnung der Zweckbetriebsgrenze nach § 67 AO

Entfallen mehr als 60 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen, sind die Voraussetzungen des § 67 AO nicht mehr erfüllt. In diesem Fall würde das Krankenhaus nicht mehr im Rahmen eines Zweckbetriebs tätig und könnte damit nicht als steuerbegünstigte Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG anerkannt werden. Entsprech...

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