Kommentar

Der im Bereich der alten Bundesländer grundsätzlich nur noch bis 1986 einkommensteuerpflichtige Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus war im allgemeinen anhand der erzielbaren Marktmiete abzüglich Werbungskosten zu schätzen. War aufgrund bestimmter Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale offensichtlich, daß die selbstgenutzte Wohnung nicht zum Zweck der Vermietung errichtet wurde und in der Regel auch tatsächlich nicht vermietet wird, wurde auf der Einnahmenseite die anhand der Herstellungs- oder Anschaffungskosten geschätzte Kostenmiete angesetzt. Diese setzt nach der neueren Rechtsprechung seit dem BFH-Urteil v. 22.10. 1993 (IX R 35/92, BStBl 1995 II S. 98) grundsätzlich voraus, daß zu dem Wohngrundstück eine Schwimmhalle gehört oder die Wohnfläche der selbstgenutzten Wohnung 250 qm überschreitet .

Die Kostenmiete ist nicht anzusetzen, wenn der Eigentümer des Zweifamilienhauses beide Wohnungen selbst nutzt und die privat genutzte Wohnfläche insgesamt mehr als 250 qm beträgt, wobei die größere selbstgenutzte Wohnung kleiner als 250 qm ist. Denn für die Frage, ob vergleichbare Wohnungen in der Regel zum Vermieten errichtet werden, kommt es auf die Größe der einzelnen Wohnung und nicht auf die Gesamtwohnfläche des Hauses an.

Im übrigen ist die Kostenmiete nur dann anzusetzen, wenn aufgrund anderer besonders gewichtiger Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale offensichtlich ist, daß die im jeweiligen Veranlagungszeitraum am Wohnungsmarkt höchstens erzielbare Miete nicht dem Gebrauchswert des Objekts entspricht.

Ist die Kostenmiete anzusetzen, kann sie auf der Grundlage der II. Berechnungsverordnung berechnet werden. Dem Finanzgericht steht eine eigene, von der Schätzung des Finanzamts unabhängige Schätzungsbefugnis zu ( § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i. V. m. § 162 AO 1977).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.02.1995, IX R 41/94

Hinweise:

1. Das BFH-Urteil setzt die neuere Rechtsprechung zum Ansatz der Kostenmiete, für einen Zweifelsfall fort, in dem die Steuerpflichtigen – zusammen veranlagte Eheleute – im Streitjahr 1984 in dem Zweifamilienhaus beide, rd. 208 qm und 66 qm große Wohnungen selbst bewohnt hatten. Das Finanzamt hatte den Nutzungswert beider Wohnungen anhand der Kostenmiete pauschal mit 4% der Herstellungskosten berechnet, deren Höhe aus dem Urteil nicht ersichtlich ist. Dem war die Vorinstanz, das FG Baden-Württemberg gefolgt, das sich im Einklang mit der früheren BFH-Rechtsprechung (Urteil v. 21. 1. 1986, IX R 7/79, BStBl 1986 II S. 394) befunden haben dürfte.

2. Auch an diesem Urteil zeigen sich die Folgeprobleme, die sich ergeben, wenn man den Ansatz der Kostenmiete, wie es in der neueren BFH-Rechtsprechung geschieht, zur Vereinfachung der Besteuerung an verhältnismäßig starre Abgrenzungsmerkmale knüpft. Im vorliegenden Fall wirkte sich dies zugunsten der Kläger aus, obwohl sie ein Zweifamilienhaus mit insgesamt 274 qm Wohnfläche selbst nutzten.

3. Das Urteil gilt auch für den Zeitraum seit 1987 bis 1998 in den Fällen, in denen die Eigentümer selbstgenutzter Zweifamilienhäuser nach der sogenannten großen Übergangsregelung ( § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG ) die Nutzungswertbesteuerung fortführen. Von ihrem Optionsrecht ( § 52 Abs. 21 Satz 3 EStG ), zum neuen Recht – ohne Ansatz des Nutzungswerts, aber auch ohne Werbungskostenabzug – überzugehen, sollten sie erst Gebrauch machen , wenn der anhand der Markt- oder Kostenmiete geschätzte Rohmietwert die Werbungskosten übersteigt.

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