Leitsatz

Die auf einen Teilvergleich im Rahmen des Scheidungsverfahrens entfallenden Kosten einer Vermögensauseinandersetzung sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 33 EStG

 

Sachverhalt

Die in Zugewinngemeinschaft lebenden Eheleute hatten während des Scheidungsverfahrens einen Teilvergleich vor dem Amtsgericht (Familiengericht) zur teilweisen Vermögensauseinandersetzung geschlossen. Der Ehemann machte nach der Scheidung die gesamten auf ihn entfallenden Gerichtskosten sowie die Kosten für einen Anwalt, der ihn bei der Vermögensauseinandersetzung beraten hatte sowie für einen Gutachter als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt anerkannte nur die auf die Ehescheidung – ohne Vermögensauseinandersetzung – entfallenden Kosten mit einem geschätzten Anteil der Gesamtkosten.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung des FA. Da es sich nicht um ein Verfahren im Zwangsverbund handelte, war die Zwangsläufigkeit der auf die Vermögensauseinandersetzung entfallenden Kosten abzulehnen. Der Fall musste gleichwohl an das FG zurückverwiesen werden, da im Rahmen der Auseinandersetzung der Miteigentumsanteil der Ehefrau an dem gemeinsamen Einfamilienhaus auf den Ehemann übertragen wurde. Darin lag möglicherweise ein Anschaffungsvorgang, der die Bemessungsgrundlage für die AfA des teilvermieteten Hauses erhöht hat.

 

Hinweis

Der BFH präzisiert in diesem Grundsatzurteil den Umfang der im Zusammenhang mit einer Ehescheidung als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Aufwendungen.

Die Entscheidung referiert zunächst die bisherige BFH-Rechtsprechung, nach der jedenfalls die durch das Ehescheidungsverfahren als solches entstandenen Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. Denn wenn Ehepartner sich scheiden lassen, ist davon auszugehen, dass die Ehe zerrüttet und deshalb die Scheidung aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig ist.

Darüber hinaus sind mit einer Ehescheidung zusammenhängende Kosten nur dann als zwangsläufig zu werten, soweit sie unmittelbar und unvermeidbar durch die prozessuale Durchführung des Eheverfahrens entstanden sind. Das sind nur die Aufwendungen, die für Scheidungsfolgeverfahren entstehen, die zwingend zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden sind (sog. Zwangsverbund). Nach § 623 Abs. 1 Satz 3 ZPO ist das nur noch der Versorgungsausgleich von Rentenanwartschaften nach § 1587b BGB. Früher gehörte zum Zwangsverbund auch die Bestimmung über die elterliche Sorge.

Alle anderen Verfahren im Zusammenhang mit einer Ehescheidung führen nicht zu einer außergewöhnlichen Belastung. Das gilt zum einen für alle außergerichtlich vor oder nach der Scheidung getroffenen Vereinbarungen. Es gilt zum anderen aber auch für die Verfahren, die auf Antrag eines oder beider Ehegatten vom Familiengericht zusammen mit der Scheidung verhandelt und entschieden werden (§ 623 i.V.m. § 621 ZPO; sog. Verbund). Denn diese Angelegenheiten können von den Eheleuten auch ohne Mitwirkung des Familiengerichts geregelt werden. Sie entstehen ihnen in Ausübung ihrer Dispositionsfreiheit und sind daher nicht zwangsläufig.

Auch wenn ein Ehegatte die Kosten auslösende Aufnahme einer Scheidungsfolgesache in den Scheidungsverbund nicht verhindern kann, weil der andere Ehegatte dies beantragt, sind die Kosten für den mit dem Verfahren überzogenen Ehegatten gleichwohl nicht unvermeidbar. Denn er befindet sich in der gleichen Lage wie ein Steuerpflichtiger, der in einem "normalen" Zivilprozess verklagt wird. Außerdem kann das Familiengericht die Kostenlast nach Billigkeitsgesichtspunkten verteilen (§ 93a Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Das BMF hatte in dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 FGO den Beitritt erklärt. Es vertritt – ebenso wie der BFH – die Auffassung, dass Scheidungsfolgekosten nur insoweit zwangsläufig sind, als sie sich aus dem Zwangsverbund ergeben. Das weicht von dem Hinweis in H 186-189 EStH ab 1993 ab. Bisher sah die Verwaltung die Kosten der Ehescheidung auch hinsichtlich der Scheidungsfolgekosten – einschließlich der Kosten der Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse sowie der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat – als zwangsläufig erwachsen an. Nach Mitteilung des BMF wird das Stichwort "Scheidung" in H 186-189 EStH künftig entsprechend der Auffassung des BFH einschränkend angepasst.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.6.2005, III R 27/04

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