FinMin Nordrhein-Westfalen, 9.12.2020, S 0230

Allgemeines

Zum 1. April 2005 ist das Kontenabrufverfahren nach § 93 Abs. 7 ff. AO in Kraft getreten und durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912) ergänzt worden. Lt. Beschluss des BVerfG vom 13.6.2007 (1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05) ist die Kontenabfrage durch Finanzbehörden (§ 93 Abs. 7 AO) mit dem Grundgesetz vereinbar.

Ergänzend zu den Verwaltungsanweisungen im AEAO zu § 93, Nr. 2 ff. wird auf Folgendes hingewiesen:

 

1. Teilnahme der Finanzämter am elektronischen Kontenabrufverfahren

Kontenabrufersuchen sind ab sofort ausschließlich über registrierte Nutzer elektronisch über das BZSt-Online-Portal (BOP) durchzuführen (Verfügung der OFD NRW vom 22.6.2020, S 0230 – 2020/0003 – St 31).

 

2. Angaben im Rahmen des elektronischen Kontenabrufverfahrens

Für jede Person muss ein eigener Kontenabruf erfolgen. Dies gilt auch für Ehepartner und andere Familienangehörige.

Zur Ermittlung von Kontoinhabern oder Verfügungsberechtigten werden der Name, der Vorname und das Geburtsdatum herangezogen. Die Angabe einer Adresse ist nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch für eine zweifelsfreie Zuordnung von Konten zur abgefragten Person erforderlich. Im Rahmen eines einzigen Abrufersuchens kann mit jeweils max. vier Werten in den Feldern Nachname und Vorname gesucht werden. Dabei werden durch Bindestrich getrennte Doppelnamen als zwei Bestandteile gezählt.

Bei abweichend wirtschaftlich Berechtigten sind dagegen Name, Vorname und die vollständige Adresse maßgebend. Ein wirtschaftlich Berechtigter ist insbesondere in den Fällen vorhanden, in denen ein Kontoinhaber oder ein Verfügungsberechtigter nicht auf eigene Rechnung handelt. Es können bis zu zehn Anschriften angegeben werden.

 

3. Dokumentation des Kontenabrufs (§ 93 Abs. 10 AO)

Mit dem Vordruck [Kontenabrufverfahren – Dokumentation] (605/192) sind gem. § 93 Abs. 10 AO der Grund und das ausgeübte Ermessen für ein Kontenabrufersuchen zu dokumentieren. Ebenso ist anzugeben, ob der Steuerpflichtige im Vorfeld auf die Möglichkeit des Kontenabrufs hingewiesen worden ist.

 

4. Verfahren zur Durchführung des Kontenabrufs

Jedes Festsetzungsfinanzamt kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Kontenabrufersuchen veranlassen.

Das für die Besteuerung des Betroffenen zuständige Finanzamt ist grds. für Kontenabrufe nach § 93 Abs. 7 AO zuständig (Funktionsfinanzämter siehe Tz. 5).

Die Kontenabfrage kann sowohl im Festsetzungs- als auch im Erhebungsverfahren gestellt werden.

Eine besondere Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Kontenabrufs hat vor Durchführung des elektronischen Kontenabrufs beim BZSt für Kontenabfragen im

  • Erhebungsverfahren durch die zuständige Sachgebietsleitung der veranlassenden Erhebungsstelle
  • in allen übrigen Verfahren (Festsetzungsverfahren) durch den Hauptsachgebietsleiter AO

zu erfolgen.

Hierzu ist der vollständig ausgefüllte Vordruck 605/192 an den zuständigen Sachgebietsleiter weiterzuleiten. Dieser prüft, ob die Voraussetzungen für einen Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 AO (Nr. 2 des AEAO zu § 93 AO) vorliegen. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen ein vorheriges Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht erfolgt ist, weil es keinen Erfolg verspricht.

 

5. Kontenabruf durch Funktionsfinanzämter

Die Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfung und die Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung haben ein eigenes Kontenabrufrecht, sofern sie im Besteuerungsverfahren tätig sind.

Die angesprochenen Finanzämter können in eigener Zuständigkeit Kontenabfragen vornehmen. Das zuständige Festsetzungsfinanzamt ist jedoch über den erfolgten Kontenabruf und das Ergebnis zu informieren.

 

6. Auswertung der Ergebnisse des Kontenabrufs

Das BZSt zieht zur Ermittlung von Kontoinhabern oder Verfügungsberechtigten den Namen, den Vornamen und das Geburtsdatum heran. Die Angabe einer Adresse ist nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch für eine zweifelsfreie Zuordnung von Konten zur abgefragten Person erforderlich. Zur Sicherstellung einer eindeutigen Zuordnung sollte die Auswertung der Abfrageergebnisse mit besonderer Sorgfalt – insbesondere bei Namensgleichheit – erfolgen.

 

6.1. Kapital- und Personengesellschaften

Bei Kapital- und Personengesellschaften bleiben Kontenabrufe häufig ergebnislos. Dies ist in der Regel darauf zurückzuführen, dass das Konto im Abrufsystem unter dem im Handelsregister eingetragenen Firmennamen geführt wird, während das Finanzamt im Kontenabrufersuchen einen – unter Umständen nur geringfügig abweichenden, im Geschäftsverkehr üblichen – Firmennamen angegeben hat. Mangels Abgleichungsmöglichkeit mit einem Geburtsdatum (wie bei natürlichen Personen) darf das Bundeszentralamt für Steuern bei Unternehmen den Kontenabruf nur bei hundertprozentiger Namensübereinstimmung durchführen. Eigenständige Ermittlungen, insbesondere Kontenabrufe mit anderer Schreibweise des Unternehmensnamens, darf es nicht vornehmen.

In derartigen Fällen können daher ggf. mehrere Konten...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge