1. Vollstreckungsbehörde

 

Rz. 9

[Autor/Stand] Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 89–104 OWiG über die Voraussetzungen, Zuständigkeit und das Verfahren bei der Vollstreckung (§ 412 Abs. 2 Satz 2 AO). Vollstreckungsbehörde im Verfahren wegen Steuerordnungswidrigkeiten ist danach die FinB, die den Bußgeldbescheid erlassen hat (§ 92 OWiG). Das ist grds. die Straf- und Bußgeldsachenstelle (vgl. auch Nr. 121 Abs. 2 Satz 1 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 121), nicht aber die Vollstreckungsstelle, die für die Beitreibung der Geldbußen und Kosten zuständig ist (Vollstreckungsbehörde i.S.d. §§ 249 ff. AO; vgl. Nr. 121 Abs. 2 Satz 2 AStBV (St) 2020)[2]. Die vorherige Erhebung erfolgt durch die Finanzkasse (vgl. Nr. 120 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 120). Der BuStra obliegt die Leitung des Vollstreckungsverfahrens, sie entscheidet über die Maßnahmen i.S.d. §§ 93 ff. OWiG, z.B. darüber, ob eine Vollstreckung gem. § 95 Abs. 2 OWiG (vorläufig) unterbleibt (s. Rz. 10). Die Vollstreckungsstelle muss diesbezüglich eine Entscheidung der BuStra herbeizuführen.

 

Rz. 9.1

[Autor/Stand] Für die Vollstreckung gerichtlicher Bußgeldentscheidungen ist grundsätzlich die StA (Rechtspfleger) zuständig (vgl. §§ 91, 92 OWiG, § 451 StPO). Es gelten die entsprechenden Vorschriften der StPO und des JGG. Gerichtliche Bußgeldentscheidungen werden nach der JBeitrO vollstreckt (vgl. § 459 StPO). Das gilt aber nur dann, wenn das Gericht eine Sachentscheidung über die Geldbuße, Nebenfolgen oder die Kosten getroffen hat[4].

 

Rz. 9.2

 

Beispiel

Stpfl. S hat gegen den Bußgeldbescheid der FinB verspätet Einspruch eingelegt, den der Amtsrichter deshalb als unzulässig verwirft (vgl. § 70 OWiG). Der Beschluss wird rechtskräftig. Vollstreckungsbehörde bleibt die FinB, weil die Verwerfung eines unzulässigen Einspruchs nicht als Bußgeldentscheidung i.S.v. § 91 OWiG aufzufassen ist[5].

[Autor/Stand] Die FinB ist bzw. bleibt deshalb bei Bußgeldbescheiden Vollstreckungsbehörde[7],

  • wenn gegen diesen kein Einspruch eingelegt ist, er also rechtskräftig geworden ist;
  • wenn der Einspruch wegen Unzulässigkeit vom Gericht verworfen wird (§ 70 OWiG, s. vorst. Beispiel);
  • wenn der Einspruch zurückgenommen worden ist (§ 67 Satz 2 OWiG i.V.m. § 302 Abs. 1 Satz 1 StPO);
  • wenn das Gericht den Einspruch (rechtskräftig) verwirft, weil er zurückgenommen worden ist;
  • wenn das Gericht den Einspruch (rechtskräftig) verwirft wegen unentschuldigten Ausbleibens des Betroffenen, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden war (§ 74 Abs. 2 OWiG)[8].
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[2] Vgl. Seitz/Bauer in Göhler17, § 90 OWiG Rz. 2, 3; Webel in Schwarz/Pahlke, § 412 AO Rz. 6.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[4] Kemper in Rolletschke/Kemper, § 412 AO Rz. 19.
[5] Vgl. Seitz/Bauer in Göhler17, Vor § 89 OWiG Rz. 4.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[7] Vgl. Kemper in Rolletschke/Kemper, § 412 AO Rz. 17.
[8] Gl. A. Seitz/Bauer in Göhler17, § 74 OWiG Rz. 34; a.A. Günther, NJW 1969, 2273.

2. Zahlungserleichterungen und Einstellung der Vollstreckung

 

Rz. 10

[Autor/Stand] Ist dem Betroffenen (auch juristische Personen und Personenvereinigungen i.S.v. § 30 OWiG, vgl. § 99 OWiG) nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldbuße sofort zu zahlen, muss ihm nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung die Vollstreckungsbehörde von Amts wegen eine Zahlungsfrist (Stundung) bewilligen oder Ratenzahlung gestatten (vgl. §§ 93, 18 OWiG). Dabei kann angeordnet werden, dass die Vergünstigung der Teilzahlung wieder entfällt, wenn ein Teilbetrag nicht rechtzeitig gezahlt wird. Allerdings kann die Vollstreckungsbehörde dem Betroffenen erneut eine Zahlungserleichterung bewilligen.

Schließlich sieht das Gesetz (§ 95 Abs. 2 OWiG) die Möglichkeit vor, die Vollstreckung einzustellen, wenn dem Betroffenen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen die Zahlung der Geldbuße in absehbarer Zeit nicht möglich ist[2]. Diese Einstellung ist jedoch widerruflich, bedeutet also keinen Verzicht des Staates auf die Bußgeldforderung[3]. Ebenso ist die nachträgliche Änderung oder Aufhebung einer Zahlungserleichterung zulässig, zum Nachteil des Betroffenen aber nur aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel (vgl. § 93 Abs. 2 OWiG).

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[2] Vgl. Rebmann/Roth/Herrmann, § 95 OWiG Rz. 10 ff.
[3] Vgl. Rebmann/Roth/Herrmann, § 95 OWiG Rz. 15.

3. Zweiwöchige "Schonfrist"

 

Rz. 11

[Autor/Stand] Unabhängig von den vorstehend erörterten Zahlungserleichterungen gewährt § 93 Abs. 1 OWiG dem Betroffenen in jedem Fall eine "Schonfrist" von zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit der Leistung (= ab Rechtskraft). Während dieser Zeit kann er z.B. der Vollstreckungsbehörde gegenüber seine Zahlungsunfähigkeit darlegen. Vorher darf die Geldbuße oder ein etwa bewilligter Teilbetrag nur beigetrieben werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen erkennbar ist, dass sich der Betroffene der Zahlung entziehen will (wenn er z.B. Anstalten macht, seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen). Eine reine Vermutung oder die (bloße) Tatsache d...

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