Rz. 16

[Autor/Stand] Gemäß § 465 Abs. 2 StPO können auch bei rechtskräftiger Verurteilung besondere Auslagen der Staatskasse und besondere Auslagen des Angeklagten (z.B. die Auslagen für einen Wirtschaftsprüfer bei schwierigen Bilanzfragen) aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegt werden.

Diese Möglichkeit der Auslagenteilung besteht namentlich in den Fällen des sog. fiktiven Freispruchs bei Tateinheit, z.B. bei Nichtverurteilung wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat[2] oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen bei Tateinheit (§ 465 Abs. 2 Satz 2 StPO). In diesen Fällen erfolgt eine Quotelung der Auslagen nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Die Kostenfestsetzung erfolgt gem. § 464b StPO.

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Wird der Angeklagte bei mehreren angeklagten Taten teilweise freigesprochen (bzw. das Verfahren teilweise eingestellt), so sind ihm in dem Umfang, in dem der Teilfreispruch (bzw. Teileinstellung) erfolgte, die Kosten von der Staatskasse zu ersetzen[4]. Man spricht in diesem Fall vom effektiven Teilfreispruch bei Tatmehrheit. Die Kostenentscheidung des Gerichts gem. § 467 Abs. 1 StPO hätte dann z.B. folgenden Tenor:

"Der Angeklagte hat die Kosten zu tragen, soweit er verurteilt ist; soweit er freigesprochen (das Verfahren eingestellt) worden ist, trägt die Staatskasse die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten".

Nach der sog. Differenzmethode[5] werden dabei die Kosten ermittelt, die auf die Tat entfallen, wegen welcher der Angeklagte freigesprochen wurde. Zunächst ermittelt man die Gebühren, die der Rechtsanwalt für das gesamte Verfahren berechnet. Dann ermittelt man die Verteidigergebühr, die entstanden wäre, wenn nur die Taten angeklagt worden wären, derentwegen der Angeklagte verurteilt wurde. Die Differenz zwischen diesen beiden Gebühren ist dann der Betrag, der auf den Teilfreispruch entfällt und der gegenüber der Staatskasse festgesetzt werden kann. Das Gericht kann die Kosten der Staatskasse und des Angeklagten auch nach Quoten (Bruchteilen) verteilen (zulässig nach § 464d StPO i.d.F. des KostRÄndG 1994[6]). Eine rein rechnerische Quotelung ist aber unzulässig[7].

Entsprechendes gilt, wenn das Hauptverfahren nur teilweise eröffnet bzw. teilweise eingestellt wird.

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.08.2023
[2] Vgl. BGH v. 1.8.1962 – 2 StR 100/62, BGHSt 18, 40 = NJW 1962, 2211 betr. Diebstahl und Steuerhinterziehung.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.08.2023
[4] Näher dazu Volpert, RVGreport 2007, 444; Volpert, RVGreport 2008, 167.
[5] Vgl. dazu Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt66, § 465 StPO Rz. 8, 9.
[6] BGBl. I 1994, 1325.
[7] Vgl. Volpert, RVGreport 2007, 444.

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