Rz. 1

[Autor/Stand] Die RAO hatte eine entsprechende Vorschrift nicht enthalten. Daher bestimmte sich die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen nach den gem. § 420 Abs. 1 RAO (heute § 385 Abs. 1 AO) geltenden allgemeinen Vorschriften des Verfahrens. Zwar verwies die Strafprozessordnung bereits damals hinsichtlich der Entschädigung von Zeugen (§ 71 StPO), Sachverständigen (§ 84 StPO) und sachverständigen Zeugen (§ 85 StPO) auf das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG); dieses Gesetz sah jedoch eine Entschädigungspflicht nur dann vor, wenn die Zeugen oder Sachverständigen von dem Gericht oder der StA herangezogen worden waren (§ 1 Abs. 1 ZSEG). In den Fällen, in denen die FinB oder die Steuer-/Zollfahndung Zeugen oder Sachverständige heranzogen, war die Rechtslage daher zumindest nicht eindeutig. Zweifelhaft war bereits, ob sich, wenn die FinB kraft eigenen Rechts das Ermittlungsverfahren selbständig durchführte (§ 421 Abs. 2 RAO; jetzt § 386 Abs. 2 AO), die Entschädigungspflicht daraus ergab, dass die FinB in diesem Fall die Rechte und Pflichten der StA hat (§ 433 Abs. 1 RAO; jetzt § 399 Abs. 1 AO); denn in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Kostenänderungsgesetz[2] hieß es, das ZSEG solle nicht für Zeugen und Sachverständige gelten, die von Verwaltungsbehörden vernommen werden, sofern der zuständige Gesetzgeber das ZSEG nicht für entsprechend anwendbar erklärt habe. Aus demselben Grund war weiterhin fraglich, ob die Entschädigungspflicht bestand, wenn die FinB oder die Steuer(Zoll-)fahndung auf Ersuchen der StA oder aufgrund eigener Entschließung tätig geworden war (§ 437 Abs. 1, § 439 Satz 2, § 433 Abs. 2 Satz 2 RAO; entsprechend § 402 Abs. 1, § 404 Satz 2, § 399 Abs. 2 Satz 2 AO), jedenfalls soweit die entsprechende Anwendung des ZSEG in den für die Polizei geltenden Sondervorschriften der Länder nicht ausdrücklich vorgeschrieben war.

Mit § 405 AO sollte in allen Fällen, in denen (in einem Steuerstrafverfahren) von der FinB, der Steuer- oder der Zollfahndung Zeugen oder Sachverständige herangezogen werden, Entschädigung gewährt werden, unabhängig davon, in welcher Funktion die betreffende Behörde tätig wird.

Das ZSEG ist seit dem 1.7.2004 durch das sog. Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG)[3] abgelöst, durch das die Vergütung von Sachverständigen und Dolmetschern sowie die Entschädigung von Schöffen, Zeugen und Dritten (vormals ZSEG und EhrRiEG[4]) nun in einem Gesetz zusammengefasst sind. Der sog. Ostabschlag i.H.v. 10 % auf die Gebühren und Entschädigungssätze in den neuen Bundesländern wurde abgeschafft[5]. Das nicht mehr zeitgemäße Entschädigungsprinzip bei der Vergütung für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer wurde durch ein leistungsgerechtes Vergütungsmodell (Honorargruppen mit festen Stundensätzen) ersetzt. Auch die Entschädigung der Zeugen wurde angepasst, um die mit der Heranziehung durch die Gerichte und Staatsanwaltschaften verbundenen Nachteile besser auszugleichen.

Eine redaktionelle Anpassung des § 405 AO an das JVEG erfolgte durch Art. 4 Abs. 57 KostRMoG vom 5.5.2004[6]. Mit dem am 1.7.2009 in Kraft getretenen sog. TK-Entschädigungs-Neuordnungsgesetz[7] wurde § 23 JVEG betr. die Entschädigung für Telekommunikationsunternehmen für ihre Mitwirkung bei der Strafverfolgung vor neu geregelt (s. Rz. 14 ff.).

Weitreichendere Änderungen des JVEG brachte das 2. KostRMoG[8] zum 1.8.2013 mit sich[9]. Die Entschädigungsbeträge wurden angehoben sowie eine Belehrungspflicht über die Ausschlussfrist des § 2 JVEG eingeführt. § 8a JVEG regelt den Verlust und die Kürzung der Vergütung für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer.

Für sog. Altfälle vor Inkrafttreten des JVEG (i.d.F. des 2. KostRMoG) sehen §§ 24, 25 JVEG Übergangsvorschriften vor. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Auftragserteilung bzw. der Heranziehung. Die Entschädigung ist dann nach dem bisherigen Recht zu gewähren.

Die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern wurde mit Wirkung zum 1.1.2021 in den Gebührensätzen durch Art. 6 KostenrechtsänderungsG 2021 vom 21.12.2020[10] umfänglich aktualisiert (s. Rz. 12).

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.08.2023
[2] BT-Drucks. II/2545, 213.
[3] Art. 2 KostRMoG v. 5.5.2004, BGBl. I 2004, 718; zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes v. 25.6.2021, BGBl. I 2021, 2154 m. Wirkung v. 3.7.2021.
[4] Gesetz über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter.
[6] BGBl. I 2004, 718, 776; geändert durch Art. 18 Abs. 4 des Gesetzes v. 12.12.2007, BGBl. I 2007, 2840; zuletzt geändert durch Art. 47 Abs. 5 des Gesetzes v. 17.12.2008, BGBl. I 2008, 2586, Nr. 61.
[7] Vom 29.4.2009, BGBl. I 2009, 994.
[8] Vom 29.7.2013, BGBl. I 2013, 2586 ff., Nr. 42.
[9] S. dazu Reckin, AnwBl. 2013, 253; Bleutge, DS 2013, 256.
[10] BGBl. I 2021, 3229.

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