Rz. 704

[Autor/Stand] Die Rechtsgrundlagen der internationalen Amts- und Rechtshilfe sind in zahlreichen multilateralen und bilateralen Verträgen sowie in innerstaatlichen Rechtsnormen verankert[2]. Die Rechtsgrundlagen sind weitestgehend nicht aufeinander abgestimmt und überschneiden sich in vielfältiger Weise, ohne dass sie sich gegenseitig ausschließen. Überlagern sich die für die Gewährung zwischenstaatlicher Amts- und Rechtshilfe maßgeblichen Rechtsgrundlagen, gelten jeweils diejenigen Schrankenwirkungen – etwa Geheimnisschutz[3] –, die die größte Reichweite zugunsten der Betroffenen entfalten[4]. Daraus folgt, dass auch bei der Gewährung zwischenstaatlicher Amts- und Rechtshilfe in anderen Fällen (§ 117 Abs. 3 AO), z.B. bei Kulanzauskünften nicht nur die ausdrücklich in § 117 Abs. 3 AO genannten Voraussetzungen für die Auskunftserteilung, sondern insb. auch die in § 4 Abs. 3 und 4 EUAHiG aufgeführten Grenzen der Auskunftserteilung und das internationale Steuergeheimnis der Auskunftsklauseln der DBA zu beachten sind[5].

 

Rz. 705

[Autor/Stand] Speziell für den steuerlichen Informationsaustausch sind folgende Rechtsquellen relevant:

  • EU-Amtshilferichtlinie (EUAHiRL) vom 15.2.2011[7], umgesetzt durch das EUAHiG vom 26.6.2013[8], das FKAustG vom 21.12.2015[9] und durch § 138d AO[10],
  • EU-Beitreibungsrichtlinie (EUBeitrRL) vom 16.3.2010,[11] umgesetzt durch das EUBeitrG,[12]
  • MwSt-ZVO vom 7.10.2010[13] und
  • VerbrauchSt-ZVO vom 2.5.2012[14] als jeweils unmittelbar geltendes Recht.
  • unilaterale Regelungen:

    • § 117 AO,
    • § 117c Abs. 1 AO i.V.m. FATCA-USA-UmsV,
    • Gesetz zum Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze (FKAustG).[15]
  • bilaterale Verträge:

    • Doppelbesteuerungsabkommen (Art. 26 OECD-MA),[16]
    • besondere Verträge über Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen,[17]
    • Informationsaustauschabkommen (TIEA),[18]
    • FATCA[-]Abkommen mit den USA.[19]
  • multilaterale Verträge:

    • Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen),[20]
    • Mehrseitige Vereinbarung vom 29.10.2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (CRS-MCAA).[21]
    • Mehrseitige Vereinbarung vom 27.1.2016 über den Austausch länderbezogener Bericht für bestimmte Unternehmen (CbC-MCAA, zu den strafrechtlichen Konsequenzen vgl. § 393 Rz. 407 ff.),[22]
 

Rz. 706

[Autor/Stand] Für die Steuerbehörden bieten häufig folgende beispielhaft aufgeführten Sachverhaltskonstellationen Anlässe dafür, die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Anspruch zu nehmen:

  • Zahlungsabwicklungen über Konten in Drittstaaten oder über Konten, die unter dem Namen dritter Personen geführt werden (unübliche Zahlungsmodalitäten);
  • vermutete Gewinnverlagerung in sog. Steueroasen;
  • Zahlung von Beraterhonoraren, Provisionen, Lizenzgebühren, Veräußerungspreisen;
  • Einbindung von Treuhändern, Trusts, Stiftungen oder Briefkastengesellschaften;
  • Anhaltspunkte für Scheingeschäfte, Einbindung von Strohleuten oder für Steuerverfehlungen im Ansässigkeitsstaat oder in einem anderen Staat;
  • Anzeichen für sog. Karussell- und Streckengeschäfte mit Umsatzsteuerhinterziehungen;
  • grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung;
  • Wareneinkauf im Ausland;
  • Verrechnungspreise;
  • Inanspruchnahme ausländischer Zahlungsabwickler.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[2] Lagodny in Sieber/Satzger/von Heintschel-Heinegg, Europäisches Strafrecht2, § 31 Rz. 9, spricht von einem "Normenchaos" und Carl/Klos, SteuerStud 1993, 5 ff. (5) von "Rechtswirrwarr"; vgl. den Überblick im Schreiben des BMF v. 16.11.2006, BStBl. I 2006, 698 (Merkblatt zur zwischenstaatlichen Rechtshilfe in Steuerstrafsachen).
[3] Vgl. im Steuerrecht etwa die Sonderregelung in den deutschen Abkommen bei Engelschalk in Vogel/Lehner5, Art. 26 OECD-MA Rz. 113, 117.
[4] Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht4, Rz. 22.60; Schaumburg in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht2, Rz. 25 ff.; vgl. auch Seer in FS Schaumburg, S. 151 (156).
[5] Andernfalls ginge die gesetzgeberische Wertungsdivergenz zu Lasten der Betroffenen, so Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht2, Rz. 8.4 (im Erscheinen begriffen); a.A. Seer in Tipke/Kruse, § 117 AO Rz. 64.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.05.2020
[7] ABl. EU 2011 Nr. L 64, 1.
[8] BGBl. I 2013, 1809; zuletzt geändert durch Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EUAHiRL und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 2000 (sog. Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz).
[9] BGBl. I 2015, 2531.
[10] Gesetz v. 21.12.2019 zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (GÜStGMG), BGBl. I 2875, Nr. 52; dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25.5.2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen (...

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