Rz. 65

[Autor/Stand] Das OWiG unterscheidet nicht wie das StGB zwischen Täterschaft und den verschiedenen Formen der Teilnahme, sondern geht von einem einheitlichen Täterbegriff aus. Jeder, der sich an einer Ordnungswidrigkeit beteiligt, handelt ordnungswidrig, gleichgültig in welcher Weise er zur Verwirklichung des Tatbestandes beiträgt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 OWiG ). Dies führt zu einer Vereinfachung der Rechtsanwendung[2]. Eine Unterscheidung der Fälle der untergeordneten, leichteren Beteiligung von den übrigen ist im OWiG nicht nötig, weil das Ordnungswidrigkeitenrecht praktisch keine Mindestbußgeldandrohung kennt und daher die angedrohte Geldbuße für minder schwere Fälle nicht besonders herabgesetzt zu werden braucht[3]. In tatsächlicher Hinsicht sind der Umfang und die Bedeutung der Tatbeteiligung allerdings zu berücksichtigen: Bei untergeordnetem Tatbeitrag kann ein dementsprechend herabgestufter Bußgeldrahmen zugrunde gelegt werden. In Fällen, die es nahelegen, von einer Geldbuße ganz abzusehen, wird diese Möglichkeit durch das im Ordnungswidrigkeitenrecht geltende Opportunitätsprinzip (§ 47 OWiG, § 410 AO) eröffnet.

 

Rz. 66

[Autor/Stand] Eine Beteiligung liegt vor, wenn jemand an einer nicht nur allein von ihm begangenen Tat bewusst und gewollt mitwirkt[5]. Die Anwendung des § 14 OWiG setzt daher einen vorsätzlichen oder zumindest bedingt vorsätzlich begangenen Handlungsbeitrag voraus[6]. Dieser Beitrag kann auch durch Unterlassen verwirklicht werden[7].

 

Rz. 67

[Autor/Stand] Wer dagegen nur fahrlässig (leichtfertig) verursacht, dass ein anderer eine (vorsätzliche) ordnungswidrige Handlung begeht, ist nicht Beteiligter i.S.d. § 14 OWiG. Bei einer Fahrlässigkeitstat wie § 378 AO ist eine Beteiligung i.S.d. § 14 OWiG daher ausgeschlossen.

 

Rz. 68

[Autor/Stand] Dagegen ist bei einem fahrlässigen Tatbeitrag eine fahrlässige Nebentäterschaft möglich[10]. Diese kann aber nur geahndet werden, wenn der Nebentäter auch Normadressat der Bußgelddrohung ist (z.B. bei den als Sondertatbeständen ausgestalteten Steuerordnungswidrigkeiten; vgl. § 9 OWiG; s. dazu Rz. 76 f.) und das Gesetz auch fahrlässiges Handeln mit Geldbuße bedroht. Eine mittelbare Täterschaft des fahrlässig handelnden Beraters ist ausgeschlossen, weil diese ein vorsätzliches Handeln des Hintermannes voraussetzt[11].

 

Rz. 69

[Autor/Stand] Wer vorsätzlich einen anderen zur fahrlässigen Begehung einer Ordnungswidrigkeit veranlasst, beteiligt sich nicht i.S.d. § 14 Abs. 1 OWiG. Die Beteiligung an einer Ordnungswidrigkeit eines anderen setzt immer voraus, dass auch der andere vorsätzlich handelt[13]. Der BGH hat diese einschränkende Auslegung des § 14 OWiG damit begründet, dass im Falle der Anerkennung einer Beteiligung an einer unvorsätzlich begangenen Haupttat ein erheblicher Wertungswiderspruch zwischen Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht bestehe, da im Strafrecht – abgesehen von einer Tatbegehung in mittelbarer Täterschaft – die vorsätzliche Mitverursachung einer fahrlässig begangenen Straftat nicht bestraft werden kann. In diesen Konstellationen soll jedoch ein Fall der mittelbaren Täterschaft in Betracht kommen können[14]. Wie Göhler[15] in seiner kritischen Würdigung der BGH-Entscheidung zutreffend aufzeigt, kann sich ein Wertungswiderspruch zum Strafrecht nur bei den im Ordnungswidrigkeitenrecht häufig vorkommenden Sondertatbeständen, die beim Täter besondere Qualifikationsmerkmale voraussetzen (so auch der überwiegende Teil der Bußgeldtatbestände der AO), nicht aber bei Tatbeständen, die jedermann (z.B. § 379 Abs. 1 Nr. 1 AO) verwirklichen kann, ergeben.

 

Rz. 70

[Autor/Stand] Nach dem einheitlichen Täterbegriff handelt jeder Beteiligte ordnungswidrig. Auf die im Strafrecht üblichen objektiven (Tatherrschaft) und subjektiven (eigenes Tatinteresse) Abgrenzungskriterien von Täterschaft und Teilnahme kommt es daher nicht an. Keine Beteiligten i.S.v. § 14 OWiG sind hingegen sog. notwendige Beteiligte, deren Tatbeteiligung nach den Tatbestandsvoraussetzungen einer Bußgeldnorm obligatorisch ist und deren Tatbeitrag sich auf die bloße gutgläubige Mitwirkung beschränkt (z.B. der Empfänger eines unrichtigen Belegs bei der Tatbestandsalternative des § 379 Abs. 1 Nr. 1 AO oder der unvorsätzlich handelnde Bankangestellte bei Eröffnung eines Kontos unter falschem Namen durch einen Bankkunden im Rahmen des § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO). Der Beitrag des notwendigen Beteiligten ist also grundsätzlich nicht ahndbar[17].

Dem Einheitstäterbegriff des § 14 OWiG unterfallen nach herrschender Auffassung die Mittäterschaft, die Anstiftung und die Beihilfe, deren Differenzierung durch § 14 OWiG aufgehoben wird[18]. Die mittelbare Täterschaft und Nebentäterschaft liegen dagegen außerhalb des § 14 OWiG, so dass insoweit die allgemeinen strafrechtlichen Regelungen Anwendung finden.

 

Rz. 71

[Autor/Stand] Teilweise wird angenommen, dass der Tatbeitrag eines Beteiligten für die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes ursächlich oder förderlich gewesen sein muss, wobei sich die Rspr. mittlerw...

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