Rz. 49

[Autor/Stand] Der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit kann sowohl durch aktives Tun als auch durch Unterlassen verwirklicht werden. Das Unterlassen ist stets dann erheblich, wenn der Tatbestand selbst die Nichtvornahme einer Handlung (z.B. Nichtbeachtung von Buchführungs-, Vorlegungs-, Anzeige-, Erklärungs- oder Gestellungspflichten) mit Geldbuße bedroht (echte Unterlassungsdelikte), wie es z.B. bei § 380 AO (Nichtbefolgung der Einbehaltungs- und Abführungsverpflichtungen) der Fall ist. Setzt ein Tatbestand dagegen aktives Tun voraus, so kann er grundsätzlich nicht durch Unterlassen verwirklicht werden. Davon gibt es zwei Ausnahmen:

 

Rz. 50

[Autor/Stand] Lässt jemand als Normadressat besonderer Pflichten (z.B. als Betriebsinhaber) andere Personen in seinem Wirkungskreis zur Erfüllung dieser Pflichten tätig werden und schreitet er trotz Kenntnis (bzw. fahrlässiger Unkenntnis) bei pflichtwidrigem Verhalten dieser Personen nicht ein, steht das Unterlassen dem aktiven Tun gleich (so insbesondere bei § 130 OWiG). Der Betriebsinhaber und die in der Betriebsleitung tätigen Personen können bei Verstößen gegen derartige betriebsbezogene Pflichten (s. dazu Rz. 190 ff.) persönlich bußgeldrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

 

Rz. 51

[Autor/Stand] Die Verwirklichung eines Begehungstatbestandes durch Unterlassen ist auch dann möglich, wenn der Bußgeldtatbestand einen Erfolgseintritt voraussetzt (unechtes Unterlassungsdelikt). Die Voraussetzungen, unter denen das Unterlassen dem aktiven Tun gleichgestellt ist, umschreibt der (§ 13 StGB nachgebildete) § 8 OWiG. Danach handelt ordnungswidrig, wer aufgrund einer bestehenden Rechtspflicht als Garant für den Nichteintritt des Erfolges einzustehen hat. Des Weiteren muss die Vornahme der Handlung dem Täter tatsächlich möglich und zumutbar gewesen sein[4]. Irrtümer in Bezug auf die Voraussetzungen des § 8 OWiG können die Vorwerfbarkeit bzw. Ahndbarkeit entfallen lassen[5]. Die Vorschrift des § 8 OWiG ist allerdings für den als Erfolgsdelikt ausgestalteten Bußgeldtatbestand des § 378 AO nicht von Bedeutung, der über die Verweisung auf die Begehungsmodalitäten des § 370 AO (und hier die Unterlassungsvariante des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) auch durch pflichtwidriges Unterlassen bewirkte leichtfertige Steuerverkürzungen erfasst.

[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.07.2023
[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.07.2023
[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.07.2023
[4] Vgl. BGH v. 17.2.1954 – GSSt 3/53, BGHSt 6, 46 (57); Hunsmann in Rolletschke/Kemper, § 377 AO Rz. 38.
[5] Hunsmann in Rolletschke/Kemper, § 377 AO Rz. 38.

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