Rz. 429

[Autor/Stand] Die Neufassung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO beschränkt die Sperrwirkung ausdrücklich auf den "sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung". Flankiert wird dies durch die Klarstellung in § 371 Abs. 2 Satz 2 AO, wonach der Ausschluss der Straffreiheit wegen Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung nicht die Korrektur der nicht unter § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO fallenden Taten einer Steuerart hindert.

 

Rz. 430

[Autor/Stand] Hinsichtlich des sachlichen Umfangs der Sperrwirkung handelt es sich bei der Neufassung durch das AOÄndG 2015 lediglich um eine Klarstellung. Bereits nach dem ursprünglichen Wortlaut des Sperrgrundes i.d.F. des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes bestand weitgehend Einigkeit, dass der sachliche Umfang der Sperrwirkung sich grds. nach dem Inhalt der Prüfungsanordnung bemisst. Dies galt nach h.M. bereits für das Erscheinen des Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Alt. 2 AO i.d.F. vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes (s. Rz. 490 ff.). Hinsichtlich der betroffenen Steuerart wurde dies weiterhin so gesehen. Die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung konnte demnach nur bzgl. der von der Prüfungsanordnung umfassten Steuerarten eine Sperrwirkung begründen.

 

Rz. 431

[Autor/Stand] Demgegenüber konnte die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO i.d.F. des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes in zeitlicher Hinsicht über die in der Prüfungsanordnung erfassten Besteuerungszeiträume hinausgehen. Erstreckte sich der Berichtigungsbedarf einer von einer Prüfungsanordnung erfassten Steuerart über Zeiträume, die teilweise von der Prüfungsanordnung erfasst waren, teilweise jedoch außerhalb der zeitlichen Reichweite der Prüfungsanordnung lagen, so war die Selbstanzeige für alle Taten dieser Steuerart gesperrt. Die Sperrwirkung umfasste demnach alle unverjährten Steuerstraftaten der betroffenen Steuerart, wenn sich die Prüfungsanordnung wenigstens auf eine der in der Selbstanzeige offenbarten Taten erstreckte[4]. Insoweit half es auch nicht weiter, die Selbstanzeige auf jene Taten zu beschränken, die nicht von der Prüfungsanordnung umfasst waren, da die Selbstanzeige in diesem Fall unvollständig gewesen wäre, womit eine unwirksame Teilselbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO vorgelegen hätte. Für anschlussgeprüfte Unternehmen bedeutete diese Rechtlage faktisch die Abschaffung der Selbstanzeigemöglichkeit.

 

Rz. 432

[Autor/Stand] Durch die Beschränkung auf den zeitlichen Umfang wurde die Infektionswirkung insoweit wieder aufgehoben und insoweit der Rechtszustand vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes wiederhergestellt. Wie vormals kann demnach für Jahre, die nicht Gegenstand der Prüfungsanordnung sind, grundsätzlich eine strafbefreiende Selbstanzeige abgegeben werden.

 

Rz. 433

[Autor/Stand] In anschlussgeprüften Unternehmen kann die Wiedereinführung der Teilselbstanzeige eine erhebliche Reduzierung der strafrechtlichen Vorwerfbarkeit bedeuten.

 

Beispiel

Die Verantwortlichen des Unternehmens U haben in den Jahren seit 2005–2013 Jahr für Jahr bestimmte wiederkehrende Umsätze falsch beurteilt und fortwährend zu Unrecht nicht der Umsatzsteuer unterworfen. Dadurch haben sie mit Eventualvorsatz Umsatzsteuer i.H.v. 150.000 EUR jährlich hinterzogen. Bei dem Unternehmen ist für die Jahre 2009–2011 die Betriebsprüfung, u.a. wegen Umsatzsteuer, anhängig. Die Prüfung ist bald abgeschlossen, es ist jedoch bereits die Anschluss-Betriebsprüfung mündlich angekündigt. Die Verantwortlichen möchten eine Selbstanzeige abgeben. Nach der bisherigen Rechtslage hätte in dieser Situation insgesamt keine wirksame Selbstanzeige abgegeben werden können. Im Hinblick auf die bereits angekündigte Anschluss-Betriebsprüfung wäre auch ein Abwarten bis zum Abschluss der Betriebsprüfung keine Option. Zwar wäre auch die unwirksame Selbstanzeige strafmildernd zu berücksichtigen, jedoch hätten die Verantwortlichen noch immer eine empfindliche Bestrafung zu befürchten, da sie wegen Steuerhinterziehungen in den Jahren 2005–2013 zu bestrafen wären (weil jeweils eine Steuerhinterziehung in großem Ausmaß vorliegt, beträgt die strafrechtliche Verfolgungsfrist zehn Jahre, bzw. für alle am 29.12.2020 noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen, fünfzehn Jahre gem. § 376 Abs. 1, § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO). Nach der neuen Rechtslage kann für die Jahre 2005–2008 sowie für 2012 und 2013 eine wirksame Selbstanzeige erstattet werden, während für die Jahre 2009–2011 nach wie vor die Sperre des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO greift. Aufgrund des erheblich geringeren Strafvorwurfs kommt – auch angesichts der freiwilligen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit – eine erheblich mildere Sanktionierung in Betracht als bei Einbeziehung des Gesamtzeitraums.

 

Rz. 434

[Autor/Stand] Ferner ist die Wirksamkeit einer Selbstanzeige für nicht in der Prüfungsanordnung genannte Jahre nicht davon abhängig, dass auch die Angaben für die "gesperrten" Jahre (im Beispiel 2009–2011) korrig...

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