Schrifttum:

Backes, Die Abgrenzung von Tatbestands- und Verbotsirrtum im Steuerstrafrecht, StuW 1982, 253; Bilsdorfer, Das Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO, DStZ 1983, 447; Dannecker, Steuerhinterziehung im internationalen Wirtschaftsverkehr, 1984; Ehlers, Steuerhinterziehung nach künftigem Recht, FR 1976, 504; Gast-de Haan, Steuerstrafrechtliche Konsequenzen der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Familienlastenausgleich, BB 1991, 2490; Göggerle, Zur Frage des geschützten Rechtsguts im Tatbestand der Steuerhinterziehung, BB 1982, 1851; Hardtke, Steuerhinterziehung durch verdeckte Gewinnausschüttung, 1995; von der Heide, Tatbestands- und Vorsatzprobleme bei der Steuerhinterziehung nach § 370 AO – Zugleich ein Beitrag zur Abgrenzung der Blankettstrafgesetze von Strafgesetzen mit normativen Tatbestandsmerkmalen, 1986, S. 58; Isensee, Aussetzung des Steuerstrafverfahrens – rechtsstaatliche Ermessensdirektiven, NJW 1985, 1007; Kohlmann, Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung – Anspruch und Wirklichkeit, in Kohlmann, Strafverfolgung und Strafverteidigung im Steuerstrafverfahren – Grundfragen des Steuerstrafrechts heute, DStJG 6 (1983), S. 5; Kohlmann/Sandermann, Die strafrechtliche Bekämpfung von Steuerverkürzungen – unlösbare Aufgabe für den Gesetzgeber?, StuW 1974, 221; Meine, Zum Streitstand: Das Kompensationsverbot gem. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO, wistra 1991, 127; Mittelsteiner/Schaumburg, Abgabenordnung 1977, 1976; Schleeh, Rechtsgut und Handlungsobjekt beim Tatbestand der Steuerverkürzung, NJW 1971, 739; Salditt, Die Hinterziehung ungerechter Steuern, FS Tipke, 1995, S. 475; Salditt, Hinterziehung ungerechter Steuern, StraFo 1997, 65; Salditt, Steuergerechtigkeit als Thema der Strafverteidigung, PStR 1999, 255; Schulze-Osterloh, Unbestimmtes Steuerrecht und strafrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz, in Kohlmann (Hrsg.), Strafverfolgung und Strafverteidigung im Steuerstrafrecht, DStJG 6 (1983), S. 43; Suhr, Rechtsgut der Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung im Festsetzungsverfahren, 1989.

1. Rechtsgut des § 370 AO

 

Rz. 53

[Autor/Stand] Die Bestimmung des durch § 370 AO geschützten Rechtsguts wirkt sich im Wesentlichen für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale, die Konkurrenzen und den Beginn der Verfolgungsverjährung aus. Die Frage ist nach wie vor umstritten. Weder die Begr. zum Regierungsentwurf (§ 353 RegE[2]) noch die Stellungnahme des BR[3] und der Bericht des Finanzausschusses[4] geben näheren Aufschluss. Nach h.M.[5], insb. nach der Rspr., sichert der Steuerhinterziehungstatbestand das "öffentliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen der einzelnen Steuern"[6] oder anders formuliert den "Anspruch des Staates auf den vollen Ertrag aus jeder einzelnen Steuerart"[7].

Demgegenüber sind die Ansichten im Schrifttum über das geschützte Rechtsgut geteilt. Geltend gemacht wird etwa, dass nach dem geltenden Steuersystem geschütztes Rechtsgut nur der Anspruch des Staates auf pflichtgemäße Offenbarung der Tatsachen sein könne, die der Sachverhaltsvermittlung an die FinB dienten und die in den einzelnen Steuergesetzen festgelegt seien[8]. Sicherte § 370 Abs. 1–5 AO aber tatsächlich nur den Anspruch auf Vermittlung des steuerlich erheblichen Sachverhalts, bleibt unverständlich, weshalb in § 370 Abs. 1 AO neben den unrichtigen oder unvollständigen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen noch der Eintritt der Steuerverkürzung verlangt wird[9]. Bei § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO ist eine Sachverhaltsvermittlung an die FinB zudem gar nicht vorgesehen.

Nach anderer Auffassung ist geschütztes Rechtsgut der äußere Bestand der Ansprüche auf Entrichtung von Steuern, Zöllen und Einfuhrabgaben[10]. Die Steuerhinterziehung sei systematisch ein dem Diebstahl verwandtes Delikt, weil der Staat als Gläubiger der Ansprüche davor geschützt werden solle, dass ihm auf dem Wege der Verletzung steuerrechtlicher Sachaufklärungspflichten etwas entzogen werde; dies ergebe sich daraus, dass die Nichtentrichtung von Steuern, Zöllen und Einfuhrabgaben als solche nicht strafbewehrt sei. Gegen diese Auffassung wird geltend gemacht, dass § 370 AO nicht das Nehmen, sondern das Verhindern des "Nehmenlassens" bestrafe, die Vorschrift also eher der des § 170 StGB ähnele[11]. Durch das Täuschungserfordernis des § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO wird aber insb. die Verwandtschaft zu § 263 StGB deutlich: Durch falsche bzw. unterlassene Angaben verzichtet der Staat auf das Geltendmachen ihm nach den Steuergesetzen zustehender Ansprüche und verfügt damit zu eigenem Nachteil über Vermögenswerte[12]. Als weitere Schutzgüter werden u.a. das beitragspflichtige Vermögen aller Stpfl.[13], das Besteuerungssystem als Ganzes[14], die Steuerhoheit[15] oder die soziale Funktion des Steueraufkommens genannt. Nach Auffassung von Salditt[16] schützt § 370 AO hingegen die gerechte und gleichmäßige Lastenverteilung nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit, was u.a. dazu führen soll, dass eine Bestrafung in Fällen der Verkürzung von als verfassungswidrig festges...

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