Rz. 1050

[Autor/Stand] Bei der Strafzumessung sind des Weiteren das Vorleben des Täters und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedeutsam.

Bezüglich des Vorlebens des Täters ist in praktischer Hinsicht insb. dessen Belastung durch frühere Straftaten zu berücksichtigen. Vorstrafen wirken jedenfalls dann strafschärfend, wenn sie einschlägig sind, im Übrigen, wenn sie erkennen lassen, dass der Täter sich rücksichtslos über frühere Warnungen hinweggesetzt hat, um eigene Interessen zu verfolgen bzw. wenn sich aus ihnen eine erhöhte Schuld und damit einhergehend die gesteigerte Notwendigkeit ergibt, auf den Täter einzuwirken[2]. Rechtskräftige ausländische Vorstrafen können nur berücksichtigt werden, wenn die Tat auch nach deutschem Recht strafbar wäre.[3] Daneben kann auch eine hohe Rückfallgeschwindigkeit strafschärfend wirken.[4] Das Gewicht einer strafrechtlichen Vorbelastung ist regelmäßig umso größer, je näher der einschlägige Normverstoß seiner Art nach mit dem abzuurteilenden Tatvorwurf zusammenhängt[5]. Dies bedeutet jedoch nicht, dass einschlägige Vortaten stets strafschärfend zu berücksichtigen sind und solche, die nicht einschlägig sind, im Rahmen der Strafzumessung gänzlich ohne Bedeutung bleiben[6]. Vielmehr muss im Einzelfall bezüglich jeder Vorstrafe sorgfältig geprüft werden, ob und aus welchen Gründen sie strafzumessungsrelevant ist. Getilgte oder tilgungsreife Vorstrafen dürfen nach §§ 51, 63 Abs. 4, § 64a Abs. 3, §§ 65, 66 BZRG nicht strafschärfend berücksichtigt werden[7]. Ist die Vorstrafe zwar nicht tilgungsreif, liegt aber einen erheblichen Zeitraum zurück, muss dieser lange Zeitablauf bedacht werden.[8]

 

Rz. 1051

[Autor/Stand] Strafschärfend kann ebenfalls berücksichtigt werden, dass der Täter bereits durch ein nach §§ 153, 153a StPO eingestelltes Verfahren gewarnt worden ist, falls Grundlagen, Umstände und Auswirkungen der Strafverfolgung insoweit geklärt sind, dass ein Rückschluss auf die Warnfunktion möglich ist[10]. Unter engen Voraussetzungen ist auch die strafschärfende Berücksichtigung von früheren Strafverfahren, die mit einer Einstellung nach § 170 Abs. 2, § 260 Abs. 3 StPO, nach § 47 JGG[11] oder mit einem Freispruch endeten, möglich, soweit bereits das Verfahren als solches eine berücksichtigungsfähige Warnfunktion entfalten musste[12]. Der Warnwirkung kommt dabei nicht der gleiche strafzumessungsrechtliche Stellenwert zu wie einer Vorverurteilung.[13] Dies gilt auch für weitere, vor der Begehung des verfahrensgegenständlichen Delikts begangener, jedoch erst danach abgeurteilter (nicht einschlägiger) Taten, soweit die Berücksichtigung zur zutreffenden Erfassung der Täterpersönlichkeit angezeigt erscheint[14]. Bei einer Berücksichtigung von Taten, die nach § 154 StPO eingestellt worden sind, ist Voraussetzung, dass diese in der Hauptverhandlung prozessordnungsgemäß festgestellt sind und zur Überzeugung des Tatgerichts feststehen. Ein bloßer Verdacht der Begehung weiterer Straftaten ist nicht ausreichend.[15] Gleiches gilt für die strafschärfende Berücksichtigung von bislang nicht abgeurteilten weiteren Straftaten (z.B. verjährten Taten).[16] Vorstrafen die erst nach der neu abzuurteilenden Tat ergangen sind, können strafschärfend berücksichtigt werden, soweit die ihnen zugrunde liegenden Taten die fortbestehende Rechtsfeindlichkeit des Täters belegen[17].

 

Rz. 1052

[Autor/Stand] Ordnungswidrigkeiten (z.B. Verletzung von Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten) werden regelmäßig durch verwirklichte (Steuer-)Straftatbestände verdrängt (§ 21 OWiG). Bei der Strafzumessung kann jedoch – nach entsprechendem Hinweis an den Angeklagten – ebenfalls strafschärfend berücksichtigt werden, dass zur Ermöglichung und Verschleierung der Straftaten Ordnungswidrigkeiten begangen wurden[19]. Dieser Strafschärfungsgrund kann bereits bei der Strafrahmenwahl zum Nachteil des Täters gereichen[20].

Die Fortsetzung der Steuerhinterziehung auch noch nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens kann straferschwerend gewertet werden; dies setzt aber die Feststellung der Bekanntgabe der Einleitung voraus[21]. Dasselbe gilt für das Fortsetzen der Tat nach einer Durchsuchung, denn "schon die Tatsache, dass eine Durchsuchung stattgefunden hat, entfaltet eine Warnwirkung", welche die Täter durch Fortführung der Tat missachte.[22]

 

Rz. 1053

[Autor/Stand] Die bisherige Straflosigkeit des Täters ist nicht "als selbstverständlich vorauszusetzen". Fehlende Vorstrafen sind regelmäßig strafmildernd zu berücksichtigen[24]. Das Gleiche gilt bei bisher unzweifelhafter Steuerehrlichkeit[25].

 

Rz. 1054

[Autor/Stand] Das Persönlichkeitsbild des Täters (Alter, Gesundheitszustand, Drogen- und Alkoholabhängigkeit, berufliche und soziale Stellung, Intelligenz oder spezielle Kenntnisse) spielt ebenfalls eine Rolle. Doch bedarf es hierfür genauer Feststellungen durch den Tatrichter. Ein lediglich formelhafter Verweis auf die Persönlichkeit des Angeklagten ist nicht ausreichend.[27]

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