a) Sanktionsgewalt deutscher Behörden

 

Rz. 1984

[Autor/Stand] In Zusammenhang mit der Bebußung ausländischer Bankinstitute stellt sich zunächst die Frage der Sanktionsgewalt deutscher Behörden. Die Festsetzung einer Verbandsgeldbuße gegen einen ausländischen Unternehmensträger setzt voraus, dass (1) die Struktur des ausländischen Unternehmens mit einem der in § 30 Abs. 1 OWiG genannten Verbände vergleichbar ist und (2) die sog. Anküpfungstat nach deutschem Recht §§ 3 ff. StGB, §§ 5 ff. OWiG sanktioniert werden kann.[2]

 

Rz. 1985

[Autor/Stand] Eine Vergleichbarkeit der Struktur dürfte in den meisten Fällen gegeben sein, da die meisten Kreditinstitute in einer Rechtsform am Rechtsverkehr teilnehmen, die mit der Aktiengesellschaft nach deutschem Recht – oder einer anderen im § 30 Abs. 1 OWiG genannten Rechtsform – vergleichbar ist. Auch die Anknüpfungstat ist regelmäßig in Deutschland strafrechtlich verfolgbar. Beihilfehandlungen zu Steuerhinterziehungen in Deutschland sind nach §§ 3 ff. StGB ungeachtet der Frage strafbar, ob diese in Deutschland oder im Ausland erbracht wurden. Nach § 3 StGB gilt das deutsche Strafrecht zwar vorwiegend für Taten, die im Inland begangen werden. Allerdings gilt gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Var. 3 StGB eine Beihilfetat (Teilnahme) auch dann als im Inland begangen, wenn der Ort, an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eintritt, in Deutschland liegt. Dies ist bei einer Hinterziehung von deutschen Steuern stets der Fall. Zudem wurden auch die Tathandlungen der Steuerhinterziehung in Deutschland begangen. Denn die Haupttäter haben ihre unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben gem. § 370 AO gegenüber der deutschen Finanzbehörde gemacht. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 StGB gilt damit auch die entsprechende Beihilfehandlung als in Deutschland begangen.

b) Beihilfe zur Steuerhinterziehung

 

Rz. 1986

[Autor/Stand] Die Frage, inwieweit einzelnen Bankmitarbeitern (bekannt oder unbekannt) eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung von in Deutschland steuerpflichtigen Kunden vorgeworfen werden kann, nahm in den bisherigen Ermittlungsverfahren die zentrale Rolle ein. Relevant wird an dieser Stelle insbesondere die Prüfung der Beihilfetauglichkeit einer berufstypischen oder alltäglichen Handlung (s. hierzu detailliert auch § 370 Rz. 165 ff.).

Nach nunmehr herausgebildeter Verfolgungspraxis stehen folgende Fallgruppen regelmäßig im Visier der Ermittler:

aa) Offshore-Gesellschaften

 

Rz. 1987

[Autor/Stand] Zur Anonymisierung und Verschleierung des wirtschaftlich Berechtigten eines Vermögensstammes wurden in der Vergangenheit vermehrt Offshore-Gesellschaften, sog. Briefkastengesellschaften, eingesetzt. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich regelmäßig um ausländische Gesellschaftsstrukturen (Ltd, S.A. o.Ä.), welche typischerweise in sog. Steueroasen (beispielsweise Panama, Cayman, Bermuda) domiziliert sind und neben dem Halten von Vermögenswerten keiner operativen Tätigkeit nachgehen. Die Ermittlungsbehörden gehen bislang davon aus, dass das Bestehen oder Gründen einer Offshore-Gesellschaft zur Annahme des Erkennens eines tatgeneigten Täters ausreiche. Dieser Einschätzung liegt die Annahme zugrunde, dass eine Offshore-Gesellschaft keinen anderen Zweck als den der Steuerhinterziehung haben könne. Soweit die Gesellschaft tatsächlich allein zu Anonymisierungszwecken gegründet wird (die Gründung einer derartigen Gesellschaft ist auch in sog. Steueroasen per se rechtlich zulässig), spricht bei Anwendung der Rspr.-Grundsätze des BGH (vgl. Rz. 165 ff.) – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen, wie insbesondere einer Haupttat – tatsächlich viel für eine Beihilfe. Mitunter liegen der Bank aber Informationen vor, die dafür sprechen, dass die Gesellschaft einen aktiven Geschäftsbetrieb ausübt. Diese sollten gegenüber den Behörden dargelegt werden mit dem Ziel, diese Gesellschaft bei der Bußgeldbemessung außer Betracht zu lassen.

bb) Stiftungen

 

Rz. 1988

[Autor/Stand] Für Stiftungen wird in der Ermittlungspraxis ein ähnlicher Maßstab wie für Offshore-Gesellschaften angenommen. Auch Stiftungen wurden in der Vergangenheit zur Anonymisierung und Verschleierung der wirtschaftlichen Berechtigung eingesetzt. Auch bei Stiftungen wird nach bisheriger Praxis der Ermittlungsbehörden grundsätzlich ein erkennbar tatgeneigter Täter unterstellt. Im Unterschied zu Offshore-Gesellschaften werden Stiftungen jedoch mindestens genauso häufig aus anderen Motivationen heraus (z.B. Erbfolgeregelungen oder gemeinnützige Stiftungen) gegründet. Aus der reinen Stiftungsgründung oder dem auf eine Stiftung lautenden Depot kann richtigerweise daher nicht auf eine Steuerhinterziehung und einen erkennbar tatgeneigten Täter geschlossen werden. Es müssen weitere Umstände hinzutreten, die auf eine Haupttat schließen lassen. Die Verteidigung sollte anhand der der Bank vorliegenden Dokumente prüfen, ob Konten gemeinnütziger Stiftungen verwaltet werden. In der Regel akzeptieren auch die Ermittlungsbehörden, dass diese nicht in die Bußgeldbemessung einzub...

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