Rz. 1348

[Autor/Stand] Die Bauabzugsteuer wurde mit dem Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe (EIBE) vom 30.8.2001[2] mit Wirkung zum 1.1.2002 eingeführt und ist in den §§ 48–48d EStG geregelt. Siehe näher dazu § 380 Rz. 29.1 ff.

 

Rz. 1348.1

[Autor/Stand] Ziel des Gesetzes war es, die Schwarzarbeit zu bekämpfen und Steueransprüche des deutschen Fiskus bei Bauleistungen zu sichern. Insbesondere sollte dadurch der Kettenbetrug im Baugewerbe eingedämmt werden. Subunternehmerketten können – ähnlich wie Umsatzsteuer-Karusselle – regelmäßig nicht zurückverfolgt und viele ausländische Werkvertragsunternehmer nicht besteuert werden.

Unternehmerisch tätige Auftraggeber von Leistungen im Inland (Leistungsempfänger) haben vom Bruttoentgelt einen Steuerabzug von 15 % der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmers (Leistender) vorzunehmen, indem sie den entsprechenden Betrag einbehalten und an das für den Leistenden zuständige Betriebsstätten-FA abführen[4]. Stammt der leistende Unternehmer aus dem Ausland, ist je nach Herkunftsstaat ein anderes FA bundesweit zentral zuständig.

 

Rz. 1348.2

[Autor/Stand] Der Begriff der Bauleistung ist deutlich enger gefasst als bei den Aufbewahrungsfristen nach § 14b Abs. 1 UStG. Es sind nur Leistungen betroffen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, nicht aber Planungs- und Bauaufsichtsleistungen von Architekten und Ingenieuren[6]. Abzugsverpflichtet sind alle Unternehmer i.S.d. § 2 UStG, dazu gehören auch private Vermieter von mehr als zwei Wohnungen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 EStG) sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts.

 

Rz. 1348.3

[Autor/Stand] Vom Steuerabzug befreit sind sie nur, wenn der Leistende eine (max. drei Jahre gültige) Freistellungsbescheinigung des FA vorlegen kann oder der Auftrag eine Bagatellgrenze von 5.000 EUR bzw. 15.000 EUR bei Wohnungsvermietungen nicht überschreitet (vgl. § 48 Abs. 2 EStG). Da die Bescheinigung i.d.R. erst der späteren Rechnung beiliegt, ist der Auftraggeber oftmals noch im Unklaren darüber, ob der Unternehmer später eine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt oder ob er die Bauabzugsteuer an die Finanzkasse abführen muss.

 

Rz. 1348.4

[Autor/Stand] Der Leistungsempfänger hat die Abzugsteuer bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung i.S.d. § 48 EStG erbracht wird, bei dem für den Leistenden zuständigen FA anzumelden und abzuführen (§ 48 Abs. 1 EStG). Über den Steuerbetrag rechnet der Leistungsempfänger mit dem Leistenden ab.

 

Rz. 1348.5

[Autor/Stand] Kommt der Leistungsempfänger seinen steuerlichen Pflichten nicht ordnungsgemäß nach, haftet er für die nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbeträge. Eine Haftung (§ 48a Abs. 3 EStG) scheidet aus, wenn dem Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Gegenleistung eine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat, auf deren Rechtmäßigkeit er vertrauen konnte. Hierzu gehört die Verpflichtung, die Freistellungsbescheinigung zu überprüfen und sich zu vergewissern, ob sie mit einem Dienstsiegel versehen ist und eine Sicherheitsnummer beinhaltet. Bei Vorlage einer Kopie müssen alle Angaben gut lesbar sein.

Er darf nicht auf die Freistellungsbescheinigung vertrauen, wenn diese rechtswidrig erlangt wurde und ihm dies bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Die Haftung wird damit auf Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit begrenzt. Mittels elektronischer Abfrage beim BZSt[10] kann der Leistungsempfänger die Gültigkeit einer Freistellungsbescheinigung überprüfen (§ 48b Abs. 6 EStG)[11]. Zu Dokumentationszwecken kann das Ergebnis der Online-Bestätigung ausgedruckt und zu den Rechnungsunterlagen gelegt werden.

Unterlässt er dies, begründet das allein allerdings nicht die Annahme grober Fahrlässigkeit.

 

Rz. 1348.6

[Autor/Stand] Die Freistellungsbescheinigung wird auf Antrag von dem für den Leistenden zuständigen FA ausgestellt, wenn der Steueranspruch nicht gefährdet erscheint. § 48b Abs. 1 Satz 2 EStG zählt exemplarisch drei Fälle auf, wonach der Steueranspruch als gefährdet anzusehen ist:

  1 Der Leistende erfüllt seine Anzeigepflicht nach § 138 AO nicht.
  2. Der Leistende kommt seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach § 90 AO nicht nach.
  3. Der Leistende erbringt den Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit durch Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nicht. Damit sollen ausländische "Briefkastenfirmen" von der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung ausgeschlossen werden.

Ebenso wird die Freistellungsbescheinigung erteilt, wenn der Leistende glaubhaft macht, dass keine zu sichernden Steueransprüche bestehen.

Derzeit erteilen die FÄ in mehr als 95 % aller Fälle eine Freistellungsbescheinigung, so dass das gesetzgeberische Ziel der Bauabzugsteuer kaum erreicht werden dürfte.

 

Rz. 1348.7

[Autor/Stand] Die Regelungen zur Bauabzugssteuer sind mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie sind nach ständiger höchstrichterlicher Rspr. nicht verfassungswidrig[14]...

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