Leitsatz

Werden Kinder bereits zu Beginn des 1. Schuljahres zu der Großmutter nach Tunesien geschickt, um dort zur Schule zu gehen, genügt es für die Beibehaltung eines inländischen Wohnsitzes nicht, dass die Kinder die Eltern nur in den Sommerschulferien für ca. zwei bis drei Monate im Jahr besuchen, wenn es keine besonderen Indizien für eine feste soziale Bindung an Deutschland gibt.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hat fünf Kinder, welche in den Jahren 2007, 2008, 2010, 2012 und 2016 in Hamburg geboren wurden. Sowohl die Klägerin als auch ihre Kinder haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Für die vier ältesten Kinder, welche in Tunesien zur Schule gingen und jeweils in den Sommerferien für zwei bis drei Monate bei der Klägerin im Inland waren, bezog die Klägerin Kindergeld da die vier Kinder der Klägerin nach Auffassung der Familienkasse (FK) ihren Wohnsitz im Inland beibehalten hätten. Ab Januar 2020 hob die FK die Kindergeldfestsetzungen auf, da ein Aufenthalt der Kinder während der dreimonatigen Sommerferien keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründen könne. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren musste das FG entscheiden, ob die vier ältesten Kinder der Klägerin ihren inländischen Wohnsitz beibehalten haben.

 

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Es hat Zweifel daran, ob die Klägerin überhaupt einen Wohnsitz im Inland habe. Entscheidend sei jedoch, dass die vier älteren Kinder der Klägerin, für die sie mit ihrer Klage das Kindergeld begehre, im streitigen Zeitraum weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten. Das FG ist zwar davon überzeugt, dass die Kinder in einigen Jahren, insbesondere im Jahr 2018 einen Teil ihrer Ferien im Inland verbracht haben, es geht jedoch davon aus, dass es sich bei diesen Aufenthalten lediglich um Besuche mit Urlaubszweck gehandelt habe. Für 2020 habe die Klägerin nicht einen einzigen Aufenthalt der Kinder in Deutschland nachgewiesen. Selbst wenn die Klägerin hätte nachweisen können, dass ihre Kinder jährliche Aufenthalte von ca. zwei bis drei Monaten während der Schulferien in Deutschland gehabt hätten, würde dies nach Auffassung des FG keinen Wohnsitz in Deutschland begründen können. Diese Aufenthaltszeiten der Kinder in Deutschland seien nach der Überzeugung des FG unter Berücksichtigung des Alters der Kinder und des tatsächlichen langjährigen Aufenthaltes im Ausland bei der Großmutter nicht geeignet, um einen Wohnsitz in Deutschland beizubehalten.

 

Hinweis

Die FK hat die Kindergeldfestsetzung nach § 70 Abs. 2 EStG zu Recht ab Januar 2020 aufgehoben, da nach dieser Vorschrift eine Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern ist, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil v. 14.07.2021, 6 K 146/20

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