Leitsatz

Gem. § 62 EStG hat Anspruch auf Kindergeld, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK) und das Gemeinschaftsrecht stehen dem nicht entgegen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist ausländische Staatsangehörige und Angestellte des entsprechenden Generalkonsulats. Sie beantragte Kindergeld für ihren in Deutschland lebenden Sohn. Dies wurde mit der Begründung abgelehnt, dass kein Anspruch auf Kindergeld bestehe, da die Klägerin nach dem WÜK von der Einkommensteuer befreit sei. Ein nach der EU-VO Nr. 1408/71 mögliches Wahlrecht, sich für die Rechtsvorschriften des deutschen Staates zu entscheiden, habe die Klägerin zudem nicht in Anspruch genommen.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Frage der Gewährung von deutschem Kindergeld nur nach den Regelungen des EStG zu prüfen ist. Die Anwendung des deutschen Rechts ist weder durch das WÜK noch durch das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen. Da die Klägerin in Deutschland unstreitig ansässig ist, gelten keine Befreiungsvorschriften des WÜK. Das Gemeinschaftsrecht in Form der EU-VO Nr. 1408/71 bestimmt in Art. 13 Abs. 2 Bst. a i.V.m. Art. 16 Abs. 1, dass für Mitglieder des Geschäftspersonals einer konsularischen Dienststelle grundsätzlich das Recht des Beschäftigungsstaats gilt. Etwas anderes würde gelten, wenn sich die Klägerin gem. Art. 16 Abs. 2 VO für das ausländische Recht entschieden hat. Dies ist hier jedoch nicht geschehen. Demnach bleibt es bei der Anwendbarkeit des deutschen Rechts. Da es hier keinen Ausschlusstatbestand gibt, steht der Klägerin grundsätzlich Kindergeld nach § 62 EStG zu.

 

Hinweis

Die Entscheidung des Finanzgerichts ist zu begrüßen. Für diesen Sachverhalt wird klargestellt, dass Vorteile des innerstaatlichen Rechts nicht durch höherrangiges Recht verhindert werden können. Das Urteil wird durch das EuGH-Urteil "Bosmann" vom 20.5.2008 (Rs. C-352/06, Abl. EU 2008, Nr C 171, 5). Dieses bestimmt, dass das Gemeinschaftsrecht Deutschland nicht hindert, Kindergeld auch den Personen zu gewähren, für die nach der EU-VO zwar ausländisches Recht gilt, aber eine Doppelleistung nicht in Betracht kommt, weil beispielsweise Kindergeld im Ausland nicht gezahlt wird. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das Zusammenspiel zwischen steuerlichen Vergünstigungen durch innerstaatliche Vorschriften und durch höherrangiges Recht sehr komplex ist. Daher ist bei ähnlichen Sachverhalten auch zur Vermeidung von Haftungsfällen eine intensive Prüfung zu empfehlen, welche Vorschriften zu weitergehenden Vorteilen für den Mandanten führen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.10.2008, XI R 59/07FG Köln, Urteil vom 26.02.2009, 14 K 176/05

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