Leitsatz

Überschreiten die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag von 12.000 DM (VZ 2000: 13.500 DM), entfällt für Kinder über 18 Jahre der Anspruch der Eltern auf Kindergeld (§ 32 Abs. 4 Satz2 EStG. Streitig war bisher, wie der Begriff "Einkünfte" des Kindes zu verstehen ist und ob der Grenzbetrag der Höhe nach und in seiner Ausgestaltung als Freigrenze ohne Milderungsregelung verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird.

1. Der BFH hat nunmehr zu diesen Fragen Stellung genommen und entschieden, dass der Begriff der "Einkünfte" des Kindes in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG entspricht. Damit ist der BFH nicht der von der Vorinstanz vertretenen und für die Steuerpflichtigen günstigeren Auffassung gefolgt, statt der Einkünfte des Kindes sei dessen Einkommen, d. h. der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen des Kindes anzusetzen (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil v. 20. 7. 1999, VII 478/91, EFG 1999 S. 1137).

2. Der BFH hat weiter entschieden, dass der für das Jahr 1997 für die Summe von eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes zugrunde zu legende Grenzbetrag sowohl nach Art der gewählten Bemessungsgrundlage als auch nach deren Höhe verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, obwohl bei Kindern, die in einem Ausbildungsverhältnis beschäftigt sind, Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssen. Der Gesetzgeber habe in Bezug auf den Grenzbetrag an die "Einkünfte" des Kindes anknüpfen dürfen. Auch bei dieser Gestaltung der Bemessungsgrundlage sei die Höhe des Grenzbetrages von seinerzeit 12.000 DM (VZ 2000: 13.500 DM) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

3. Schließlich hat der BFH auch entschieden, es sei verfassungsrechtlich hinzunehmen, dass § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG keine Milderungsregelung enthalte, sondern der Kindergeldanspruch bei Überschreiten des Grenzbetrages gänzlich und nicht nur in Höhe des den Grenzbetrag überschreitenden Teils entfalle.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.07.2000, VI R 153/99

Zur Erläuterung:

Im Streitfall hatte die Familienkasse der Klägerin für ihren über 18 Jahre alten und in Berufsausbildung befindlichen Sohn für das Streitjahr 1997 Kindergeld zunächst gewährt. Nachdem sich aus der zwischenzeitlich vorgelegten Ausbildungsbescheinigung ergab, dass dem Sohn 1997 eine Ausbildungsvergütung von 11.870 DM sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld von zusätzlich 2.242 DM zugeflossen waren, wurden die eigenen Einkünfte des Sohnes unter Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 2.000 DM in Höhe von 12.112 DM ermittelt. Das Kindergeld wurde daraufhin in voller Höhe zurückgefordert.

Anders als die Vorinstanz hat der BFH in einer sehr sorgfältig begründeten Entscheidung das Vorliegen einer Gesetzeslücke verneint und die Auffassung der Familienkasse im Ergebnis gebilligt.

Sicherlich wird das BVerfG das letzte Wort zu dieser schwierigen Frage zu sprechen haben. M. E. ist es jedoch wenig wahrscheinlich, dass das BVerfG zu einer vom BFH abweichenden Auffassung kommen wird. Dies gilt übrigens auch für die Folgejahre, da der Gesetzgeber die kindergeldschädliche Grenze in m. E. angemessener Weise erhöht hat. Gleichwohl bleibt die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten.

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