Leitsatz

Vermietet der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH an diese ein Wirtschaftsgut, darf er auch dann hierfür ein verkehrsübliches Entgelt verlangen, wenn er das Wirtschaftsgut selbst zu einem Zeitpunkt, als die GmbH noch nicht existent war, zu einem geringeren Preis gemietet hat.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG

 

Sachverhalt

Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, ein selbstständiger Augenoptikermeister, hatte am 01.01.1991 ein Ladenlokal zu einem Quadratmeterpreis von 30 DM angemietet. Am 02.04.1991 vermietet er dieses Ladenlokal zu einem Quadratmeterpreis von 45 DM an "seine" GmbH weiter, welche am 28.03.1991 gegründet worden war und welche ebenfalls das Augenoptikergeschäft betrieb.

Das FA sah in der Mietzinsdifferenz eine vGA.

Das FG gab dem FA recht (Sächsisches FG, Urteil vom 10.01.2008, 2 K 2196/06, Haufe-Index 2011330).

 

Entscheidung

Der BFH teilte demgegenüber die Auffassung der GmbH. Diese habe "am Markt" keine tatsächliche Möglichkeit gehabt, das Ladenlokal derart günstig anzumieten wie zuvor der Gesellschafter-Geschäftsführer. Dieser sei nicht verpflichtet gewesen, den Mietzinsvorteil über den Untermietvertrag an die GmbH weiterzureichen.

 

Hinweis

Es ging im Urteil um eine weitere der unzähligen vGA-Konstellationen. Der BFH hat sein Urteil nicht als "amtlich zu veröffentlichen" bestimmt. Dennoch hat es Praxisrelevanz – und kann in der Sache durchaus abweichend eingeschätzt werden, wie ganz konkret das hier mit Revision angefochtene, anderslautende Urteil der Vorinstanz zeigt:

1. Dieses Mal geht es um eine sog. Geschäftschance:

Nutzt eine GmbH sich ihr derart (konkret) bietende Geschäftschancen nicht, sondern überlässt sie die Chancen ihrem Gesellschafter unentgeltlich als Eigengeschäft oder zieht dieser Gesellschafter Kenntnisse der Gesellschaft über geschäftliche Möglichkeiten tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art an sich und nutzt sie für eigene Rechnung, dann liegt wegen einer unterlassenen Vermögensmehrung regelmäßig eine vGA vor.

Auch der Verzicht der GmbH auf ein günstiges Angebot zugunsten des Gesellschafters führt zu einer vGA, wenn sich die Chance bereits zu einer rechtlich gesicherten oder gefestigten Position erhärtet hat, von der die Gesellschaft nur noch Gebrauch machen musste, z.B. wenn bereits erforderliche Aufwendungen getätigt (etwa durch Sammlung oder Ankauf von Informationen) oder Informationen überlassen wurden, die einem Dritten nicht unentgeltlich überlassen worden wären.

Das alles gehört gewissermaßen zum festen "Bestand" der "vGA-Erkenntnisse".

2. Der BFH grenzt davon jedoch im Urteil ab:

Chancen, die sich dem Gesellschafter bereits vor Gründung der GmbH bieten, gebühren stets ihm persönlich und nicht der Gesellschaft.

Und so verhielt es sich im Urteilsfall: Der Gesellschafter-Geschäftsführer hatte einen Mietvertrag über ein Ladenlokal zu einem besonders günstigen, marktununüblichen Mietzins (einen Quadratmeterpreis von 30 DM) abgeschlossen. Kurz nach diesem Vertragsschluss gründete er eine GmbH, welcher er das Ladenlokal untervermietete – das aber nicht zu dem "Schnäppchenpreis", sondern zu marktangemessenen und ortsüblichen Konditionen (Quadratmeterpreis von 45 DM).

Das hat der BFH als "vGA-unverdächtig" akzeptiert. Ausschlaggebend sei nicht die Perspektive des Gesellschafters, sondern jene der GmbH. Und diese werde eben "angemessen" behandelt. Der Gesellschafter muss infolge seiner Geschäftsführerfunktion schon verpflichtet sein, die Interessen der GmbH mitzuwahren. Das aber ist vor GmbH-Gründung unwahrscheinlich.

3. Fazit: Nicht alles, was für den Gesellschafter-Geschäftsführer eigenvorteilhaft ist, zieht eine vGA nach sich. Gerade bei einer Geschäftschancenwahrnehmung ist aber stets Obacht zu geben, insbesondere dann, wenn für die GmbH nicht nur Hilfsgeschäfte getätigt werden, sondern wenn der Geschäftsführer im unternehmerischen Geschäftsbereich der GmbH tätig wird.

Möglich ist aber auch das. Der BFH verweist ausdrücklich auf sein (ebenfalls amtlich nicht veröffentlichtes) Urteil vom 17.12.2003, I R 25/03 (BFH/NV 2004, 819). Und danach ist am Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu beurteilen, ob eine Kapitalgesellschaft eine sich ihr bietende Geschäftschance konkret auch wahrgenommen hätte. Ob sie die Chance mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln nutzt oder aber ihren Gesellschafter als Subunternehmer beauftragt, unterliegt ihrer freien unternehmerischen Entscheidung. Und so gesehen kann der Gesellschafter-Geschäftsführer durchaus als Subunternehmer der GmbH für diese und "auf eigene Rechnung" tätig werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.08.2008 – I R 16/08

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