Leitsatz

Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL ist so auszulegen, dass die Einräumung der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei gegen Entgelt in Form eines für die Dauer von zehn Jahren geschlossenen Pachtvertrags durch den Eigentümer der Wasserfläche, für die diese Berechtigung eingeräumt wurde, und durch den Inhaber des Fischereirechts an einer im öffentlichen Gut befindlichen Wasserfläche weder eine Vermietung noch eine Verpachtung von Grundstücken darstellt, soweit mit der Einräumung dieser Berechtigung nicht das Recht verliehen wird, das betreffende Grundstück in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.

 

Normenkette

Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL (vgl. § 4 Nr. 12 UStG)

 

Sachverhalt

W., Landwirtin, räumte einem Fischereiverein für 10 Jahre die Berechtigung zum Fischen in zwei auf betrieblichen Grundstücken gelegenen Teichen ein sowie in einem (auf staatlichem Grund befindlichen) Fischereirevier, an dem sie ein im Fischereikataster eingetragenes Fischereirecht verfügte, und behandelte das Entgelt als steuerfrei.

 

Entscheidung

Der Fischereiverein hatte nur die Berechtigung zur Ausübung der Fischerei in den fraglichen Gewässern erworben und damit nur die Berechtigung, eine der Möglichkeiten der Grundstücksnutzung wahrzunehmen. Außerdem hatte sich W. im Pachtvertrag das Recht vorbehalten, selbst zu fischen und jeden Tag einem Gast das Fischen zu erlauben. Schon deshalb entfiel die Annahme einer Grundstücksvermietung oder -verpachtung. Ob die Einräumung eines Fischereirechts überhaupt eine Vermietung oder Verpachtung sein kann, ließ der EuGH offen. Die Entscheidung wird davon abhängen, ob daneben noch eine andere Nutzung denkbar ist und deshalb dem Fischereiberechtigten nur ein Teilaspekt der Grundstücksnutzung zur ausschließlichen Nutzung überlassen ist.

 

Hinweis

1. Den Begriff der „Vermietung von Grundstü­cken” im Sinn der 6. EG-RL hat der EuGH dahin gehend definiert, dass dem Mieter vom Vermieter eines Grundstücks auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, dieses Grundstück in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Begriffe der Steuerbefreiungen sind grundsätzlich eng auszulegen. Auch eine ganz oder teilweise von Wasser überflutete Fläche kann zwar -- wie der EuGH bereits entschieden hat -- als Grundstück qualifiziert werden. Um unter den Begriff Vermietung zu fallen, müssen alle Elemente der Definition der „Vermietung und Verpachtung von Grundstücken” vorliegen. Das gilt insbesondere für das Element, dass durch die Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks das Recht eingeräumt wird, dieses Grundstück in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Ob das der Fall ist, hängt von den Umständen des konkreten Falls ab.

2. Im Besprechungsurteil ging es um die Frage, ob die Einräumung eines Fischereirechts eine Grundstücksvermietung sein kann. Das hängt hiernach davon ab, ob die Berechtigung dem Inhaber das Recht verleiht, das betreffende Grundstück in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Das ist schon zweifelhaft, wenn sich die Berechtigung nur auf einen bestimmten Aspekt der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks beschränkt. Die Voraussetzung ist aber keinesfalls erfüllt, wenn der Nutzungsberechtigte verpflichtet ist, auch die Nutzung durch andere -- ggf. genau bezeichnete -- Personen zu dulden.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 06.12.2007, Rs. C-451/06 -- Gabriele Walderdorff --

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