Leitsatz

1. Die Verweisung auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts in § 2 Nr. 3 StromStG ist eine vom Gesetzgeber vorgenommene Typisierung, die unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG angelegte Rechtsstaatsprinzip.

2. Eine GmbH, deren Tätigkeitsschwerpunkt im Mischen und Verpacken von Kaffee-Extrakten liegt, ist kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S.v. § 9 Abs. 3 StromStG. Die Gewährung einer Steuerbegünstigung kommt deshalb nicht in Betracht.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 3 StromStG , § 2 Nr. 3 StromStG

 

Sachverhalt

Eine GmbH widmete sich dem Verarbeiten von Kaffee-Extrakt-Pulver, der Herstellung von kaffeehaltigem Getränkepulver und dem Verpacken derselben. Sie beantragte beim HZA die Erteilung einer Erlaubnis zum steuerbegünstigten Strombezug und verwies darauf, dass sie nicht nur diverse Kaffee-Komponenten miteinander mische, sondern auch kaffeehaltige Produkte produziere, die erst danach von ihr verpackt und vermarktet würden.

 

Entscheidung

Antrag, Klage und Revision sind ohne Erfolg geblieben. Der BFH urteilte, die GmbH gehöre nicht zum Produzierenden Gewerbe i.S.d. Klassifikation der Wirtschaftszweige, weil sie in erster Linie (im Konzern hergestellte) Kaffeepulver miteinander mische und abpacke.

 

Hinweis

1. Strom unterliegt einem ermäßigten Steuersatz, wenn er von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder der Land- und Forstwirtschaft für betriebliche Zwecke entnommen wird (§ 9 Abs. 3 StromStG).

2."Unternehmen des Produzierenden Gewerbes" sind nach § 2 Nr. 3 StromStG u.a. Unternehmen des Bergbaus, des verarbeitenden Gewerbes, des Baugewerbes, der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- oder Wasserversorgungswirtschaft, die einem entsprechenden Wirtschaftszweig der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts zuzuordnen sind (siehe dazu auch § 15 Abs. 1 Satz 2 StromStV). Diese – früher dynamische, heute statische (vgl. Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform, BGBl I 2002, S. 4602) – Verweisung auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. So hat jedenfalls das BVerfG in dem Urteil vom 20.4.2004, 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00 (HFR 2004, 572) sinngemäß entschieden.

Die Verweisung ist nicht unproblematisch, insbesondere weil die Klassifikation nicht aus der Sicht steuerlicher Belange erstellt ist und deshalb mitunter zu überraschenden steuerlichen Ergebnissen führen kann. So rechnet sie das Mischen und Verpacken von Kaffee-Extrakten nicht zum "verarbeitenden Gewerbe" (Abschnitt D der Klassifikation der Wirtschaftszweige) und damit nicht zum Produzierenden Gewerbe i.S.d. StromStG; hingegen rechnet z.B. das Abfüllen und Verpacken von Tee zum Produzierenden Gewerbe.

Gleichwohl: Der Gesetzgeber wollte das produzierende Gewerbe wegen seiner besonderen Wettbewerbssituation steuerlich begünstigen und durfte dies auch, ohne dem Dienstleistungssektor die gleichen Vorteile zukommen zu lassen. Wie aber hätte er den Kreis der privilegierten Stromverbraucher anders abgrenzen sollen als durch den – schon früher im Steuerrecht praktizierten – Rückgriff auf die (zugegebenermaßen grobe und im Einzelfall nicht immer ganz "gerechte") Einteilung der Klassifikation? Dass man jedenfalls nicht die Subventionsbedürftigkeit des konkreten einzelnen Betriebs zum Maßstab machen konnte, liegt auf der Hand. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass der ggf. zu beklagende Ausschluss von der Stromsteuerbegünstigung die betroffenen Unternehmen zwar möglicherweise hart, aber in der Regel nicht existenziell trifft und sie ihm unter Umständen durch entsprechende Gestaltungen ausweichen können.

3. So gesehen besteht wenig Aussicht, dass sich der BFH bereit finden könnte, die Angemessenheit des steuerlichen Ergebnisses, das sich bei Anwendung der Klassifikation ergibt, im Einzelfall oder auch nur branchenspezifisch zu untersuchen (etwa "die Wettbewerbssituation der Kaffee-Abfüller").

4. Beachten Sie, dass die Klassifikation auf das jeweilige rechtlich selbstständige Unternehmen auch dann angewendet werden muss, wenn dieses wirtschaftlich zu einer Unternehmensgruppe gehört (und mit dieser möglicherweise durch entsprechende rechtliche Vorgaben verwoben ist), welche als Ganze betrachtet anders zu klassifizieren wäre. So ist die konzerneigene Herstellung des Kaffees im Besprechungsfall ohne Bedeutung gewesen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom24.8.2004, VII R 23/03

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