Leitsatz

Für die Leistung (hier: statische Berechnung) eines Statikers kann die Steuerermäßigung nach § 35a EStG auch dann nicht gewährt werden, wenn sie für die Durchführung einer Handwerkerleistung erforderlich war.

 

Normenkette

§ 35a Abs. 3 Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

Die verheirateten Kläger beauftragten einen Handwerksbetrieb mit dem Austausch der schadhaften Dachstützen ihres Wohnhauses. Hierfür bedurfte es zunächst statischer Berechnung. Diese wurden von einem Statiker durchgeführt. Neben der – insoweit unstreitigen – Steuerermäßigung für die Handwerker­leistung (Dachstützenaustausch) gemäß § 35a Abs. 3 EStG beantragten die Kläger, diese auch für die Leistung des Statikers zu gewähren. Das FA gewährte die Steuerermäßigung insoweit jedoch nicht. Das FG gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hingegen statt (FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 4.7.2019, 1 K 1384/19, Haufe-Index 13412566, EFG 2019, 1833).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hat der BFH das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

1. Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche ESt für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens um 1.200 EUR. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten.

2. Handwerkerleistungen sind einfache sowie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt. Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden (BFH, Urteil vom 28.4.2020, VI R 50/17, BFH/NV 2020, 1251, Rz. 12, m.w.N.).

3. Ein Tragwerksplaner (sog. Statiker) ist grundsätzlichnicht handwerklich tätig, sondern erbringt Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken sowie der Beurteilung der baulichen Gesamtsituation. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit.

4. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz stellen die statischen Berechnungen auch nicht deshalb eine Handwerkerleistung dar, weil diese für den Austausch der schadhaften Pfosten – unstreitig eine Handwerkerleistung – unerlässlich waren. Denn die vom FG angenommene "sachliche Verzahnung" der Leistungen des Statikers mit der Handwerker­leistung (Dachstützenaustausch) mag zwar in der Sache zutreffen, führt aber nicht dazu, dass die Leistung eines Statikers als anteilige Handwerkerleistung i.S.d. § 35a EStG anzusehen ist.

5. Vielmehr sind beide Leistungen jeweilsgetrennt zu betrachten und hinsichtlich ihrer Eigenschaft als "Handwerkerleistungen" i.S.d. § 35a Abs. 3 EStGzu beurteilen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 4.11.2021 – VI R 29/19

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