Leitsatz

Die Veräußerung eines Pkws, den ein Kioskbetreiber als Gebrauchtwagen ohne Vorsteuerabzugsberechtigung erworben und in seinem Unternehmen betrieblich genutzt hat, unterliegt bei richtlinienkonformer Auslegung nicht der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG, sondern ist nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu versteuern.

 

Normenkette

§ 25a, § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG 1999, Art. 26a der 6. EG-RL, Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL

 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb u.a. einen Einzelhandel (Kiosk) mit Tabakwaren, Zeitungen und Süßwaren. Er erwarb von einem Autohaus in regelmäßigen Abständen von zwei Jahren einen Pkw, den er jeweils seinem Unternehmen zuordnete und im Zusammenhang mit einer Ersatzbeschaffung in Zahlung gab.

Im Juli 2003 gab er seinen Pkw, den er ohne Vorsteuerabzug erworben hatte, in Zahlung. Er wandte auf diese Veräußerung die Differenzbesteuerung mit der Folge an, dass keine USt zu zahlen war.

Das FA setzte für den Verkauf des Pkws USt mit der Begründung fest, dass der Kläger kein Wiederverkäufer i.S.d. § 25a UStG sei.

Das FG Münster gab der Klage statt: Wiederverkäufer sei nach Wortlaut und richtlinienkonformer Auslegung des § 25a UStG auch derjenige Unternehmer, der – wie der Kläger – gewerbsmäßig mit neuen beweglichen Gegenständen handele (FG Münster, Urteil vom 18.05.2010, 15 K 4411/06 U, Haufe-Index 2349912, EFG 2010, 1459).

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.

Der BFH versagte die Differenzbesteuerung aus den Gründen, die sich aus den Praxis-Hinweisen ergeben.

 

Hinweis

1. Nach Art. 26a der 6. EG-RL wenden die Mitgliedstaaten auf die Lieferung von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungstücken oder Antiquitäten durch steuerpflichtige Wiederverkäufer eine Sonderregelung an. Diese Sonderregelung bewirkt, dass die USt nur auf die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des Wiederverkäufers erhoben wird.

Der deutsche Gesetzgeber wollte diese Bestimmung durch § 25a UStG umsetzen (BT-Drucks. 12/7686, S. 7). Danach gilt die sog. Differenzbesteuerung für "Lieferungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 von beweglichen körperlichen Gegenständen". Gem. § 25a Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG muss der Unternehmer ein Wiederverkäufer sein. Nach S. 2 gilt als Wiederverkäufer, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt.

In den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 12/7686, S. 7) wird ausgeführt, dass in – bewusster – Abweichung von der 6. EG-RL auf das Merkmal "gebraucht" verzichtet worden sei, aber stattdessen auf die in § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG bezeichnete Voraussetzung abgestellt werde, dass für den Erwerb der Gegenstände kein Vorsteuerabzugsrecht bestanden habe. Dem Begriff des "Wiederverkäufers" sollten "gewerbsmäßige Händler" zugeordnet werden, d.h. "solche Unternehmer, die im Rahmen ihres Unternehmens oder eines abgrenzbaren Teilbereichs üblicherweise Gegenstände zum Zweck des Wiederverkaufs einkaufen und sie anschließend, ggf. nach Instandsetzung, wieder verkaufen".

2. Nach dem EuGH-Urteil vom 08.12.2005, C-280/04, "Jyske Finans" (BFH/NV Beilage 2006, 131) ist Art. 26a der 6. EG-RL eine Sonderregelung, die nur in dem für die Erreichung ihres Ziels notwendigen Maß angewandt werden soll (Rd.Nr. 35). Die Bestimmung sei dahin auszulegen, dass sie nur für Gegenstände gelte, die zum Zweck des Wiederverkaufs angeschafft worden seien. Um jedoch Wettbewerbsverzerrungen gegenüber Gebrauchtwagenhändlern zu verhindern, könne als steuerpflichtiger Wiederverkäufer i.S.d. Art. 26a Teil A Buchst. e der 6. EG-RL auch ein Unternehmen angesehen werden, das "im Rahmen seiner normalen Tätigkeit" Fahrzeuge wiederverkaufe, die es für seine Leasingtätigkeit als Gebrauchtwagen erworben habe. Sofern für dies Unternehmen der Wiederverkauf im Augenblick der Anschaffung des Gebrauchtgegenstands nicht das Hauptziel, sondern nur ein zweitrangiges und gegenüber der Vermietung untergeordnetes Ziel darstelle (Rz. 44 der Gründe).

3. § 25a UStG ist unionsrechtskonform und damit einschränkend auszulegen. Die Vorschrift soll Unternehmern nicht die Differenzbesteuerung bei dem Verkauf jeglicher Gegenstände ermöglichen, wenn sie diese ohne Vorsteuerabzug erworben haben. Vielmehr ist sie dahin zu verstehen, dass der Unternehmer bei der konkreten Lieferung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, die der Differenzbesteuerung unterworfen werden soll, als Wiederverkäufer gehandelt haben muss.

Die Differenzbesteuerung ist somit auf solche Gegenstände zu beschränken, deren Erwerb zum "normalen Tätigkeitsfeld" des Unternehmens gehört und deren Wiederverkauf zumindest ein zweitrangiges Ziel bei ihrem Erwerb darstellt (Rd.Nr. 42 des Urteils Jyske Finans).

Eine andere, dem weiten Wortlaut des § 25a UStG entsprechende Auslegung würde zu einem Verstoß gegen den umsatzsteuerlichen Neutralitätsgrundsatz führen. Denn sie würde zu einer Bevorzugung von Händlern gegenüber allen anderen Unternehmern bei der Veräußerung von Gegenständen führen, die für Zwecke der Nutzung im Unternehmen u...

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