Leitsatz

Einkünfte eines Steuerausländers aus der Überlassung von Kundenadressen zur Nutzung im Inland fallen auch dann nicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG unter dessen beschränkte Steuerpflicht, wenn die Adressen vom ausländischen Überlassenden nach Informationen über das Konsumverhalten der betreffenden Kunden "selektiert" wurden. Es handelt sich nicht um die Nutzungsüberlassung von Know-how, sondern von Datenbeständen.

 

Normenkette

§ 22 Nr. 3 EStG 1990 , § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG 1990

 

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb insbesondere die Vermittlung von Adressen für die sog. Direktwerbung. Sie schloss mit einer monegassischen AG (C) einen "Vertrag über Nutzungsrechte" ab, wonach ihr die C als Eigentümerin von 150 000 Postkäuferanschriften diese Anschriften zur exklusiven und uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung stellte.

Nach Auffassung des FA erzielte die C durch die Anschriftenüberlassung beschränkt stpfl. Einkünfte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Wegen des gleichwohl unterlassenen Steuerabzugs gem. § 50a Abs. 4 Nr. 3 EStG nahm das FA die Klägerin infolgedessen gem. § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG i.V.m. § 73g EStDV 1990 als Haftende in Anspruch.

Die dagegen und gegen das mit dem Haftungsbescheid verbundene Leistungsgebot gerichtete Klage hatte Erfolg (EFG 2002, 28).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG mit den Erwägungen der Praxis-Hinweise. Allerdings sah er die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig an, soweit sie sich gegen das Leistungsgebot richtete.

 

Hinweis

1. Die beschränkte Steuerpflicht eines Steuerausländers gem. § 49 EStG setzt voraus, dass einer der dort enumerativ und abschließend aufgeführten Einkunftstatbeständen erfüllt ist. Diese Tatbestände entsprechen zwar im Grundsatz den sieben "regulären" Einkunftsarten. Sie beschränken sich aber auf bestimmte greifbare Besteuerungssachverhalte, die einen gewissen Inlandsbezug aufweisen. Man spricht deswegen von der "objektsteuerartigen" Ausgestaltung der beschränkten Steuerpflicht.

2. Vor diesem Hintergrund enthält § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG einen Auffangtatbestand für sonstige Einkünfte aus Leistungen i. S.d. § 22 Nr. 3 EStG. Erfasst werden hiernach aber nur (1) Einkünfte aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder (2) aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, z.B. Plänen, Mustern und Verfahren, die im Inland genutzt werden oder worden sind, kurz: um sog. Know-how. Die Begrifflichkeiten und Inhalt solchen Know-hows sind naturgemäß nicht immer ganz leicht zu fassen; es gibt häufig Abgrenzungsprobleme.

Im Urteilsfall betrafen solche Probleme Kundenadressen, die von einem Steuerausländer einem Steuerinländer "im Paket" zur Nutzung überlassen wurden. Diese Adressen waren vom Überlassenden nach Maßgabe bestimmter Auswahlkriterien (wie z.B. Berufgruppen, Alter, Geschlecht, regionale Zugehörigkeit u.Ä.) "vorselektiert" worden, um dem Abnehmer den "Marketing-Einsatz" der Adressen zu erleichtern.

Deswegen sah das FA in den Adressüberlassungen die Überlassung von Know-how. Der BFH stellt jedoch klar: Nicht das Marketing-Wissen, das zu der "Selektion" geführt hat, wird dem Abnehmer überlassen, vielmehr das fertige Produkt, die Adressen. Es verhält sich insofern nicht anders als etwa bei der Software-Überlassung (s. dazu das BFH-Urteil vom 27.2.2002, I R 62/01, in diesem Heft auf S. 121) oder bei anderen Produkten, deren Herstellung ebenfalls ein bestimmtes Wissen erfordert und die dennoch nicht als "Verkörperung" dieses Wissens überlassen werden. Das Know-how steht in solchen Fällen nicht im Vordergrund.

3. Im Übrigen wird noch ein Verfahrensproblem angeschnitten: Fechten Sie einen Haftungsbescheid an, dann lassen Sie es dabei auch bewenden, und erstrecken Sie die Anfechtung nicht auch auf das dem Bescheid beigefügte Leistungsgebot. Dieses beschwert Ihren Mandanten regelmäßig nicht gesondert. Die Klage wäre deswegen insoweit immer unzulässig.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.11.2002, I R 90/01

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