Leitsatz

1. Für die Anfechtung eines Aufhebungsbescheids i.S.d. § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

2. Die Vorschrift des § 10 Abs. 4 StraBEG, wonach u.a. die Gewährung von Aussetzung der Vollziehung ausgeschlossen ist, erfasst auch Aufhebungsbescheide i.S.d. § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG.

 

Normenkette

§ 69 Abs. 2 und 3 FGO, § 10 Abs. 2 bis 4, § 13 Abs. 1 StraBEG

 

Sachverhalt

Das FA führte bei der K-KG eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 durch. Dabei ging es davon aus, dass es sich bei der KG in Wahrheit um ein Einzelunternehmen des Antragstellers gehandelt habe. Der Außenprüfer stellte Kassenmanipulationen fest. Auf seine Aufforderung hin händigte ihm der Antragsteller private Kontoauszüge aus. Danach leitete das FA gegen den Antragsteller und später auch gegen dessen Ehefrau ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der ESt-, USt- und GewSt-Hinterziehung 1999 bis 2001 ein.

Die Ehefrau räumte die Vorwürfe ein; der Antragsteller bestritt, hiervon gewusst zu haben. Am 17.12.2003 erließ das FA eine auf die Jahre 1992 bis 1998 erweiterte Prüfungsanordnung. Gleichzeitig wurden Auszüge von sämtlichen Privatkonten der Eheleute für diese Jahre angefordert. Am 16.06.2004 wurde das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Eheleute auf den Verdacht der ESt- und USt-Hinterziehung 1998 sowie der GewSt-Hinterziehung 1997 und 1998 erweitert.

Am 17.06.2004 gab der Antragsteller zwei jeweils auf amtlichem Formular gefertigte strafbefreiende Erklärungen nach dem StraBEG ab. In diesen Erklärungen gab der Antragsteller an, es seien in den Jahren 1993 bis 2002 im Einzelnen dargestellte Einnahmen nicht der ESt, GewSt und USt unterworfen worden, was zur Verkürzung von in den beiden Erklärungen im Einzelnen aufgeführten Steuerbeträgen geführt habe. Diese Beträge habe er (Antragsteller) bereits an das FA entrichtet.

Das FA teilte dem Antragsteller mit, die abgegebenen strafbefreienden Erklärungen seien unwirksam. Es lägen Ausschlussgründe gem. § 7 Satz 1 Nr. 1a und b StraBEG vor. Mit den angefochtenen Bescheiden hob das FA die mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärungen bewirkten Steuerfestsetzungen auf.

Dagegen wendete sich der Antragsteller mit seinen Einsprüchen. Gleichzeitig beantragte er die AdV der angefochtenen Aufhebungsbescheide, die das FA ablehnte.

Die anschließend beim FG gestellten Anträge auf AdV hatten ebenfalls keinen Erfolg. Der BFH wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet zurück.

 

Entscheidung

Der Antragsteller sei zwar durch die Aufhebungsbescheide beschwert. Auch fehle seinem Begehren nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Die angefochtenen Aufhebungsbescheide hätten überdies einen vollziehbaren Inhalt. Jedoch sei die AdV dieser Bescheide gesetzlich ausgeschlossen.

§ 10 Abs. 4 StraBEG wolle in erster Linie die Anwendung der Vorschriften ausschließen, die dem Zweck des StraBEG zuwiderliefen. Dieser bestehe darin, „eine Brücke in die Steuerehrlichkeit einzuführen”, deren strafbefreiende Wirkung neben der Abgabe einer entsprechenden Erklärung auch die rechtzeitige Zahlung durch den Steuerpflichtigen voraussetze.

Dem würden Maßnahmen wie die Stundung bzw. der Erlass oder die AdV der nach § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG festgesetzten Steuern widersprechen.

Daneben verfolge der Ausschluss der in § 10 Abs. 4 StraBEG genannten Bestimmungen den Zweck, sich aus dem StraBEG ergebende Streitigkeiten einer abschließenden Klärung zuzuführen, jedoch Nebenverfahren, insbesondere solche mit lediglich einstweiligem Charakter, zu vermeiden.

 

Hinweis

1. Gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG steht die strafbefreiende Erklärung einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Mit den hier angefochtenen Bescheiden hatte das FA die in solcher Weise bewirkten Steuerfestsetzungen aufgehoben.

a) Durch diese Aufhebungsbescheide wurde der Steuerpflichtige (Antragsteller) beschwert. Zwar fehlt eine Beschwer regelmäßig dann, wenn durch einen Aufhebungsbescheid eine Steuerfestsetzung beseitigt wird. Die Rechtsprechung hat es indessen für das Vorliegen einer Beschwer ausreichen lassen, dass der Steuerpflichtige hierdurch anderweitige Nachteile befürchten muss (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 07.04.1976, I R 24/75, BStBl II 1976, 501, betreffend Beschwer im Fall einer niedrigeren Steuerfestsetzung). Im hier vorliegenden Fall ist eine vergleichbare Lage gegeben. Denn der Steuerpflichtige muss anschließend damit rechnen, dass das FA die hinterzogenen -- höheren -- Steuern gegen ihn festsetzen wird.

b) Der Steuerpflichtige hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis, einen solchen Aufhebungsbescheid anzufechten (vgl. auch Pfützenreuther, EFG 2007, 332; a.A. Levedag, FR 2005, 1084). Er braucht sich insoweit nicht entgegenhalten zu lassen, er könne einen später erlassenen Bescheid anfechten, durch den die hinterzogenen Steuern festgesetzt würden. Denn die Verweisung auf diesen Weg wäre mit dem verfassungsrechtlichen Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht vereinbar.

2. Aufhebun...

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