Leitsatz

Die jederzeit m?gliche Aufgabe eines verpachteten Betriebs ist f?r den vom Steuerpflichtigen gew?hlten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerkl?rung sp?testens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird (jetzt R 16 Abs. 5 Satz 6 EStR 2005). Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sich die gemeinen Werte in diesem Zeitraum nicht wesentlich ge?ndert haben.

 

Normenkette

§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 13, § 14, § 16 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte im Jahr 1996 einen landwirtschaftlichen Betrieb geerbt. Im Dezember 1996 teilte sie dem FA mit, sie habe den Betrieb zum 1.10.1996 aufgegeben. Im Juli 1997 gab die Klägerin die Einkommensteuererklärung 1996 ab und erklärte einen Aufgabegewinn von ca. 198.000 DM. Dazu legte sie ein Gutachten des Gutachterausschusses vom März 1997 vor, in dem u.a. eine große Teilfläche von 2,8 ha als landwirtschaftliche Nutzfläche bewertet wurde. Das FA folgte der Erklärung und erließ einen endgültigen Bescheid.

Später erfuhr das FA, dass die Klägerin die betreffende Grundstücksfläche am 1.7.1997 für 870.000 DM an die Gemeinde verkauft hatte. Daraufhin erging ein nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderter Bescheid.

Die Klage vor dem FG hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des FA statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Das FA habe einen geänderten Bescheid erlassen dürfen. Denn es sei nachträglich bekannt geworden, dass die Gemeinde bereits 1995 beschlossen hatte, einen Flächennutzungsplan aufzustellen. Das Grundstück sei dadurch Bauerwartungsland geworden. Dieser Wert bestimmende Faktor sei eine Tatsache i.S.d. § 173 AO.

Das FA habe keinen Ermittlungsfehler begangen, sondern sich auf das Wertgutachten des Gutachterausschusses verlassen dürfen.

Der BFH könne nicht abschließend entscheiden, weil noch Feststellungen zum Wert am Aufgabestichtag getroffen werden müssten. Der maßgebliche Zeitpunkt könne ggf. der 1.10.1996 sein, wenn es sich um einen Verpachtungsbetrieb gehandelt habe und die Wertverhältnisse zwischen dem Aufgabetermin und der Abgabe der Erklärung unverändert geblieben seien.

Fehle es an einer dieser Voraussetzungen, sei der Tag der Erklärung der Aufgabe maßgebend.

 

Hinweis

1. Den Leitsätzen kann entnommen werden, dass der BFH das Urteil wegen der Äußerungen zur Rückwirkung einer Aufgabeerklärung veröffentlicht hat. Die Finanzverwaltung gestattet in R 139 Abs. 5 Satz 13 EStR, dass die Aufgabe eines verpachteten Betriebs bis zu drei Monaten rückwirkend erklärt werden kann. Dies wirft die Frage auf, wie in der Zwischenzeit aufgetretene Wertveränderungen zu behandeln sind. Der BFH stellt klar, dass die 3-Monats-Frist lediglich eine Vereinfachungsregelung ist, von der bei Eintritt von Wertveränderungen kein Gebrauch gemacht werden darf. Es gilt dann der Grundsatz, dass rechtsgestaltende Erklärungen steuerlich nur für die Zukunft möglich sind.

2. Bedeutsam sind außerdem die Ausführungen des BFH zur Ermittlungspflicht des FA, wenn ihm ein Gutachten des Gutachterausschusses vorgelegt wird. Anders als sonstige Privatgutachten bietet ein Gutachten des Gutachterausschusses eine erhöhte Richtigkeitsgewähr, weil der Ausschuss eine kollegiale Behörde ist, die unparteiische Gutachten zu erbringen hat. Das FA begeht also bei der Ermittlung eines Aufgabegewinns grundsätzlich keinen Fehler, wenn es sich auf ein solches Gutachten verlässt. Es ist deshalb bei nachträglichem Bekanntwerden von wertbestimmenden Faktoren nicht gehindert, einen nach § 173 Abs. 1 AO geänderten Bescheid zu erlassen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.8.2005, IV R 9/04

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