Leitsatz

Die vom BMF zu treffende Entscheidung, welcher Flugplatz Zollflugplatz ist, auf welchem Flugplatz also aus Drittländern einfliegende Luftfahrzeuge landen bzw. von welchem Flugplatz sie nach Drittländern abfliegen dürfen, richtet sich nicht an die Flugplatzbetreiber, sondern ist eine an den jeweiligen Flugzeugführer gerichtete zollrechtliche Verkehrsregelung. Die insoweit anzuwendenden zollrechtlichen Vorschriften geben dem Betreiber eines Flugplatzes keinen Anspruch da­rauf, dass auf oder an seinem Flugplatz eine Zollabfertigungsstelle eingerichtet und sein Flugplatz in die Liste der Zollflugplätze aufgenommen wird.

 

Normenkette

§ 40 Abs. 2, § 63 Abs. 1 Nr. 1 FGO, Art. 4 Nr. 5, Art. 38 Abs. 1, Art. 38 Abs. 4, Art. 243 Abs. 1 ZK, § 2 Abs. 2, § 2 Abs. 4 ZollVG

 

Sachverhalt

Das BMF führt eine Liste der besonderen Landeplätze (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g ZollV) für Luftfahrzeuge, die zur Personenbeförderung im nichtgewerblichen Verkehr oder Gelegenheitsverkehr einfliegen, also der sog. Zollflugplätze.

Ein Flughafenbetreiber möchte, dass auch sein Flugplatz in diese Liste aufgenommen wird. Der BMF hat diesen Antrag jedoch mit an den Vorgenannten gerichtetem Bescheid abgelehnt.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Klage abgewiesen, weil durch die ablehnende Entscheidung des BMF keine Rechte des Flughafenbetreibers verletzt würden, selbst wenn diese ermessensfehlerhaft getroffen sein sollte.

Die Betroffenheit von Rechten erscheine zwar möglich und die Klage sei deshalb zulässig, die Rechte seien aber nicht wirklich verletzt und die Klage daher unbegründet.

 

Hinweis

1. Die Bestimmung eines Flugplatzes als Zollflugplatz ist eine zollrechtliche Entscheidung i.S.d. Art. 4 Nr. 5 ZK. Gegen solche Entscheidungen ist gem. Art. 243 ZK (nach Maßgabe eines in den Einzelheiten von den Mitgliedstaaten zu regelnden Verfahrens) Rechtsschutz zu gewähren, und zwar durch eine unabhängige Instanz. Diese Instanz kann aber nach der vorgenannten gemeinschaftsrechtlichen Regelung nur von denjenigen angerufen werden, die durch die Entscheidung „unmittelbar und persönlich betroffen” sind. Was ist damit genau gemeint?

2. Die Bestimmung eines Flugplatzes als Zollflugplatz richtet sich primär an die Flugzeugführer: Sie gestattet ihnen, den betreffenden Flugplatz im Verkehr mit Drittstaaten zu benutzen. Sie wirkt sich aber zugleich auf den Flugplatzbetreiber aus, weil sie Verkehr auf seinen Flugplatz zieht bzw. von diesem fernhält. Ist gleichwohl der Betreiber nicht nur von der zollrechtlichen Entscheidung rechtlich nicht betroffener Interessent, sondern ein klagebefugter Drittbetroffener, weil er „unmittelbar und persönlich betroffen” ist?

3. Der BFH meint, Art. 243 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK schränke den Rechtsschutz gegen zollrechtliche Entscheidungen „in ähnlicher Weise” wie § 350 AO und § 40 Abs. 2 FGO ein; es erscheine zweifelhaft, ob „Betroffenheit” i.S.d. ZK auch eine wirtschaftliche, ideelle oder sonstige Betroffenheit sein kann oder eine rechtliche in dem Sinn sein muss, dass die im Streitfall heranzuziehenden Rechtsvorschriften dem Rechtsbehelfsführer einen Anspruch da­rauf geben, dass seinem Begehren entsprochen wird, im Streitfall also, dass auf seinem Flugplatz eine Zollabfertigungsstelle eingerichtet und der Flugplatz in die Liste der Zollflugplätze aufgenommen wird.

Diese Betrachtungsweise des BFH entspricht ganz der herkömmlichen deutschen Doktrin, nur das fachlich einschlägige materielle Recht begründe subjektive, klagefähige Rechte (ferner täten dies allenfalls ausnahmsweise die Grundrechte, wenn ihr Schutzbereich schwer und unerträglich betroffen ist); es gebe aber keinen allgemeinen Anspruch des Bürgers auf richtige Anwendung des öffentlichen Rechts, selbst wenn er durch dessen falsche Anwendung in seinen persönlichen, z.B. seinen wirtschaftlichen Belangen fühlbar beeinträchtigt wird.

Dem Gemeinschaftsrecht dürfte diese Betrachtungsweise indes fremd sein; es kennt die deutsche Drittschutz-Theorie nicht, sondern stellt ganz umfassend auf die „persönliche Betroffenheit” ab. Das wird schon an dem Urteil des EuGH, 15.07.1963, Rs. 25/62 (EuGHE 1963, 213) deutlich, lässt sich aber auch an der ganzen Rechtsprechung zu Art. 230 EG ablesen, die gerade nicht die deutsche Drittschutztheorie anwendet, sondern vom im Ausgangspunkt umfassenderen Begriff der persönlichen Betroffenheit ausgeht. Dieser wird Rechtsschutzfähigkeit durch Art. 243 ZK bzw. Art. 230 EG zugesprochen.

4. Ob man so gleichwohl zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen gelangt wie mit dem deutschrechtlichen Ansatz, wäre zu untersuchen; der BFH behauptet jedenfalls, im Ergebnis bestehe hinsichtlich der Rechtsschutzvoraussetzungen Übereinstimmung zwischen dem deutschen und dem Gemeinschaftsrecht. Das alles hält er offenbar für so sicher, dass er den EuGH dazu gar nicht erst befragen will.

5. Die hier einschlägigen zollrechtlichen Vorschriften dienen sicher vornehmlich dem öffentlichen Interesse, den grenzüberschreitenden Warenverkehr durch die Luft verwaltungsökonomisch überwachen zu können...

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