Leitsatz

Ein Kind, das zwischen 18 und 21 Jahre alt ist und nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wird nur dann für das Kindergeld berücksichtigt, wenn es bei der Agentur für Arbeit als Arbeitssuchender gemeldet ist. Es genügt hierfür nicht, wenn bei einer ARGE ein Antrag auf Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II gestellt worden ist.

 

Sachverhalt

Die Familienkasse hat das für die im Jahr 1985 geborene Tochter der Klägerin gezahlte Kindergeld für die Zeit von September 2005 bis Februar 2006 zurückgefordert, weil die Tochter sich zuletzt am 6.5.2005 bei der Arbeitsverwaltung gemeldet habe, und das Arbeitsgesuch erst am 9.3.2006 erneuert worden sei. Für die o. a. Monate lagen nach Auffassung der Familienkasse die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG nicht vor. Die Klägerin macht im Klageverfahren geltend, dass sich aus dem Bezug von ALG II zwingend ergebe, dass die Tochter als arbeitssuchend gemeldet gewesen sei.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG steht der Klägerin für den strittigen Zeitraum kein Kindergeld zu, da die Tochter zwar ohne Beschäftigung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG, jedoch nicht bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchende gemeldet war. Der Antrag auf Gewährung von ALG II ist weder eine Meldung als Arbeitsuchende i. S. des § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG noch steht er einer solchen Meldung gleich. § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG verlangt ausdrücklich die Meldung als Arbeitsuchende. Dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift entsprechend wird - über den Wortlaut hinaus - ein beschäftigungsloses Kind auch dann berücksichtigt, wenn es sich arbeitslos gemeldet hat oder den Bezug von Arbeitslosengeld I nachweist (vgl. auch DA 63.3.1. DA-FamEStG). Auch in diesen Fällen kann typisierend vermutet werden, dass das Kind arbeitswillig und arbeitsbereit ist. Für den Fall, dass das Kind die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II beantragt hat, trifft dies hingegen nicht zu. Eine erweiternde Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG über seinen Wortlaut hinaus ist weder geboten noch sachgerecht. Während die Meldung als Arbeitssuchende oder Arbeitslose als Ausdruck der Arbeitswilligkeit und Arbeitsbereitschaft des Kindes anzusehen ist, lässt ein Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II einen solchen Schluss nicht zu. Ein entsprechender Antrag zielt zunächst auf den Erhalt von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld. Er ist weder Ausdruck der Bemühungen des Kindes, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, noch Anhalt dafür, dass das Kind für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung steht.

 

Hinweis

Obwohl das FG die Revision zugelassen hat, wurde diese bisher nicht eingelegt. Die Klägerin hat jedoch beim BFH Prozesskostenhilfe beantragt (Az. III S 20/08). Sollte der BFH über diesen Antrag positiv entscheiden ist mit der Einlegung der Revision zu rechnen. In vergleichbaren Fällen sollte daher gegen die Ablehnung des Kindergeldes Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragt werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 15.01.2008, 14 K 5119/06 Kg

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