Leitsatz

1. Kapitalabfindungen schweizerischer privater Pensionskassen für eine Altersrente, die auf dem sog. Obligatorium beruhen, sind im Anwendungsbereich des AltEinKG als andere Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerbar. Sie sind gemäß § 3 Nr. 3 EStG in der bis 2006 geltenden Fassung steuerfrei, wenn ein Rentenanspruch abgefunden wird, der dem Steuerpflichtigen nach Erreichen der Altersgrenze für eine vorzeitige Pensionierung zusteht.

2. Kapitalabfindungen schweizerischer privater Pensionskassen für eine Altersrente, die auf dem sog. Überobligatorium beruhen, sind im Anwendungsbereich des AltEinkG regelmäßig keine anderen Leistungen aus einer gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, sondern hinsichtlich ihrer Steuerbarkeit eigenständig zu beurteilen. Sie sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung steuerfrei, wenn sie dem Typus nach als Kapitalleistung aus einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht einzuordnen sind und der Steuerpflichtige der Pensionskasse mindestens zwölf Jahre angehört hat.

 

Normenkette

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 3 Nr. 3, § 22 Nr. 5, § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2002

 

Sachverhalt

Der Kläger wurde im Streitjahr (2005) 62 Jahre alt. Er hatte seinen ständigen Wohnsitz im Inland und war seit dem 1.1.1986 Arbeitnehmer eines schweizerischen Unternehmens. Aufgrund einer Aufhebungsvereinbarung wurde das Arbeitsverhältnis in gegenseitigem Einvernehmen Ende Juli 2005 beendet.

Der Kläger bezog seit dem 1.7.2008 mit Eintritt in das Rentenalter von der schweizerischen Alters‐ und Hinterlassenenversicherung (AHV) und der schweizerischen Invalidenversicherung (IV) eine Altersrente.

Neben der Pflichtmitgliedschaft in der AHV/IV war der Kläger mit Beginn seiner Berufstätigkeit in der Schweiz der Pensionskasse seines Arbeitgebers beigetreten, der er bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses angehörte. Der Kläger war aufgrund der Vollendung des 60. Lebensjahres berechtigt, im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Pensionskasse eine Altersrente aufgrund der vorzeitigen Pensionierung zu beanspruchen. Für den Fall, dass ein Anspruch auf eine lebenslängliche Altersrente (aufgrund des Erreichens des Rücktrittsalters oder der vorzeitigen Pensionierung wie im Fall des Klägers) entstanden war, gewährte das Reglement das Recht, eine Kapitalabfindung anstelle der Altersrente zu beanspruchen.

Der Kläger erhielt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Juli des Streitjahres sein Altersguthaben (Obligatorium und Überobligatorium) ausgezahlt.

Das FA beurteilte die Einmalzahlung aus der Pensionskasse insgesamt als "andere Leistung" gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Da mehr als zehn Jahre Beiträge an die AHV/IV und die Pensionskasse oberhalb des Höchstbetrags zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden waren und 22,77 % der ausgezahlten Summe auf diesen höheren Beiträgen beruhte, wandte das FA die Öffnungsklausel gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG an und behandelte im Ergebnis einen Anteil von 22,77 % der Auszahlung nach Tz. 135 f. des Schreibens des BMF vom 24.2.2005, IV C 3 ‐ S 2255 ‐ 51/05 (BStBl I 2005, 429) als nicht steuerbar. Den Restbetrag sah es gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu 50 % als steuerpflichtig an.

Die Klage vor dem FG hatte weitgehend Erfolg. Das FG (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 28.4.2010, 3 K 4156/08, Haufe-Index 2613221, EFG 2011, 1716) sah die Auszahlung des Einmalbetrags aus der Pensionskasse als insgesamt nicht steuerpflichtig an, saldierte jedoch zulasten der Kläger und ging von einem höheren als dem veranlagten Arbeitslohn aus. Der Kläger und das FA seien zu Unrecht in zu hohem Umfang von der Steuerfreiheit der Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 und Satz 4 EStG ausgegangen.

 

Entscheidung

Die Revision des FA, auf dessen Seite das dem Verfahren beigetretene BMF ebenfalls Stellung genommen hatte, blieb erfolglos. Die Begründung ergibt sich im Wesentlichen aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Zunächst wird auf die Praxis-Hinweise unter 1. – 3. des vorstehend abgedruckten Urteils VIII R 31/10 verwiesen.

2. In dem hier besprochenen Urteil geht es um die steuerrechtliche Beurteilung der Einmalzahlung aus einer schweizerischen Pensionskasse an einen im Inland ansässigen Grenzgänger im Streitjahr 2005.

Auch hier ist zunächst wieder ein Blick auf das – vom FG eruierte – schweizerische Recht geboten: Dort gab es im Streitjahr (2005) die mit der deutschen Renten- bzw. Sozialversicherung im Wesentlichen vergleichbare schweizerische Alters‐ und Hinterlassenenversicherung (AHV) und die schweizerische Invalidenversicherung (IV), für die Pflichtmitgliedschaft bestand. Die AHV/IV war mit einer gesetzlichen paritätischen Beitragspflicht des Arbeitn...

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