2.1 Grundvoraussetzungen und Dauer der Rente

 

Rz. 5

Witwe bzw. Witwer ist derjenige, der mit dem Verstorbenen bis zu dessen Tod in gültiger Ehe gelebt hat. Für den Fall der Mehrehe nach islamischen Recht enthält das Gesetz keine Regelung. Die Verwaltungspraxis geht dahin, die Rente aufzuteilen. Die Rente wird gewährt bis zu einer Wiederheirat der Witwe bzw. des Witwers (zur Situation nach Beendigung einer weiteren Ehe vgl. Abs. 5 und Rz. 23). Bei der ersten Wiederheirat der Berechtigten wird die Witwenrente oder die Witwerrente gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 mit dem 24fachen Monatsbetrag abgefunden. Die kleine Witwenrente wird längstens für 2 Jahre nach dem Tod des Versicherten gewährt (Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2), soweit nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 218a Abs. 1 erfüllt sind.

2.2 Höhe der Rente

2.2.1 Rente im Sterbevierteljahr

 

Rz. 6

Gemäß Abs. 2 Nr. 1 beträgt die Rente im Sterbevierteljahr ⅔ des für die Rentengewährung an den verstorbenen Versicherten maßgeblichen Jahresarbeitsverdienst (JAV [der Vollrente]). Die Einkommensanrechnung nach Abs. 3 findet während dieser Zeit nicht statt. Damit soll die Witwe bzw. der Witwer in der Übergangszeit finanziell abgesichert werden.

2.2.2 Kleine Witwen-/Witwerrente

 

Rz. 7

Falls die weitergehenden Voraussetzungen nach Abs. 2 Nr. 3a bis 3c nicht erfüllt sind, beträgt die Rente 30 % des JAV. Sie ist auf maximal 24 Monate begrenzt, soweit nicht die Übergangsregelung des § 218a Abs. 1 eingreift.

2.2.3 Große Witwen-/Witwerrente

 

Rz. 8

Die Rente i. H. v. 40 % des JAV (der Vollrente) soll einer besonderen Bedarfssituation entsprechen und wird deshalb an die Erfüllung weiterer Voraussetzungen geknüpft. Die höhere Rente wird nach Maßgabe von § 73 Abs. 1 nach Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt werden, gewährt. Sie fällt nach § 73 Abs. 2 nach Ablauf des Monats weg, in dem die Voraussetzungen entfallen sind.

2.2.3.1 Erziehung eines waisenrentenberechtigten Kindes (Abs. 2 Nr. 3a)

 

Rz. 9

Das Kind muss Anspruch auf Waisenrente nach § 67, also in der Unfallversicherung (nicht in der Rentenversicherung) waisenrentenberechtigt sein; es muss nicht Waisenrente beziehen oder bezogen haben. Die Waisenrentenberechtigung kann nach § 67 Abs. 3 Nr. 2 unter den dort genannten Voraussetzungen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres bestehen. Die Voraussetzung des Erziehens ist jedoch nur bis zum Eintritt der Volljährigkeit gegeben (BSG, Urteil v. 30.8.1967, 4 RJ 43/67, BSGE 27 S. 139). Die Eltern des Kindes oder ein Elternteil (dann Halbwaisenrente) müssen durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zu Tode gekommen sein.

 

Rz. 10

 
Praxis-Beispiel

Die Witwe, die ein Kind erzieht, welches nicht von dem verstorbenen Versicherten abstammt, hat keinen Anspruch auf die große Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, weil dieses Kind nicht waisenrentenberechtigt ist. Sie hat wohl Anspruch auf große Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI.

 

Rz. 11

Die Witwe bzw. der Witwer muss das waisenrentenberechtigte Kind erziehen. Erziehung ist die Sorge für die sittliche, geistige und seelische Entwicklung des Kindes; sie ist der Inbegriff aller Maßnahmen, durch die das Kind zur Mündigkeit (Erwachsensein) gelangen soll (BSG, Urteil v. 21.9.1983, 4 RJ 83/82, SozR 2200 § 1268 Nr. 22, FamRZ 1984 S. 474. Dementsprechend muss die Witwe bzw. der Witwer erziehungsberechtigt sein. Dies ist nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII der Personensorgeberechtigte und jede sonstige Person über 18 Jahre, soweit sie aufgrund einer Vereinbarung mit dem Personensorgeberechtigten nicht nur vorübergehend und nicht nur für einzelne Verrichtungen Aufgaben der Personensorge wahrnimmt. Die erhöhte Waisenrente soll in dieser Situation pauschal den erhöhten Bedarf decken, der dadurch entsteht, dass die Witwe bzw. der Witwer wegen der Erziehungsaufgaben nicht einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

 

Rz. 12

Ob das waisenrentenberechtigte Kind durch die Witwe bzw. den Witwer erzogen wird, ist problematisch, wenn das Kind auswärtig untergebracht ist, wie z. B. im Internat, bei den Großeltern oder sonstigen Verwandten.

Entscheidend ist dann, ob konkrete Erziehungsmaßnahmen, z. B. Beeinflussung der Internatsleitung (BSG, Urteil v. 29.3.1978, 5 RJ 4/77, SozR 2200 § 1265 Nr. 32 mit Hinweis auf BSG, Urteil v. 30.8.1967, 4 RJ 43/67, BSGE 27 S. 139 und Urteil v. 26.11.1970, 12 RJ 368/68, BSGE 21 S. 117) möglich sind oder ob Erziehungsmaßnahmen von Großeltern oder sonstigen Verwandten nur gemeinsam mit der Witwe, dem Witwer getroffen werden. Das BSG (Urteil v. 11.3.1982, 5b/5 RJ 150/80, BSGE 53 S. 167, NVwZ 1983 S. 576 mit Hinweis auf das Urteil v. 21.2.1980, 5 RJ 58/78) hat unabhängig von einer räumlichen Trennung den Erziehungsbegriff i. S. e. faktischen Einwirkung interpretiert.

 

Rz. 13

Die Voraussetzung des Erziehens entfällt dann, wenn eine minderjährige Waise verheiratet, geschieden oder ihrerseits verwitwet ist. Gemäß § 1633 BGB beschränkt sich die Personensorge für einen Minderjährigen, der verheiratet ist oder war, auf die Vertretung in den persönlichen Angelegenheiten. Damit sind die Anforderungen des § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII nicht mehr erfüllt, wonach der Personensorgebere...

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