Rz. 22

Bei dieser Regelung handelt es sich um den Wegfall der Geschäftsgrundlage der Zusicherung und – ähnlich wie bei § 48 – um die Herstellung des Grundsatzes der Rechtmäßigkeit der Verwaltung auch bei rechtlichen Vorteilen (§ 31 SGB I).

 

Rz. 23

Die Regelung in Abs. 3 kommt zur Anwendung, wenn es zu einer nachträglichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse gekommen ist. Insoweit wird der Rechtsgedanke aus § 48 angewandt. Lagen hingegen die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände bereits bei Erlass der Zusicherung vor und wurden sie von der Behörde nicht erkannt, so handelt es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum, der lediglich zu einer Rücknahme unter den (erschwerten) Voraussetzungen gemäß § 45 führen kann. Bei der Änderung der Sachlage wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Zusicherung zu einem Zeitpunkt abgegeben wird, in dem die tatsächlichen Verhältnisse für den Erlass des VA nicht im Sinne der notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen des materiellen Rechts vollständig bekannt sind und sein können, weil sonst der VA selbst schon erlassen werden könnte oder müsste. Soweit die Vorschrift daher eine nachträgliche Änderung der Sachlage voraussetzt, kann es sich nicht i. S. v. § 48 um eine tatsächliche Veränderung eines bestimmten Tatbestandsmerkmals handeln, sondern um die Änderung tatsächlicher Verhältnisse an sich (Sachlage), also auch um das Hinzutreten anspruchsausschließender neuer Tatsachen. Änderungen der Sachlage schließen die Bindung aus, wenn die Zusicherung in Kenntnis der neuen Sachlage von der Behörde nicht gegeben worden wäre. Hier sind alle Umstände objektiv zu würdigen, insbesondere die Bedeutung der neuen Tatsachen auf den Anspruch, der mit dem zugesicherten bestimmten VA festgestellt werden sollte. Für die Frage, ob die Behörde diese Zusicherung nicht gegeben hätte, kann auch auf interne Verwaltungsanweisungen zurückgegriffen werden, die eine sonst übliche entsprechende tatsächliche Handhabung nahe legen.

 

Rz. 24

Die Bindungswirkung entfällt auch, wenn eine Änderung der Rechtslage eintritt. Dies gilt für Rechtsänderungen, die z. B. den zugesicherten materiellen Anspruch ausschließen oder einschränken. Dies kann primär durch den Normgeber erfolgen. Dem gleichzusetzen ist aber, wenn das BVerfG eine andere, die Sozialversicherungsträger bindende Auffassung vertritt. Hier ist darauf abzustellen, ob die Zusicherung aus Rechtsgründen nicht hätte gegeben werden dürfen. Das ist immer dann gegeben, wenn die durch zugesicherten VA vorgesehene Begünstigung nunmehr nach materiellem Recht ausgeschlossen wäre.

 

Rz. 25

Die kraft Gesetzes entfallende Bindungswirkung nach Abs. 3 kann gegenüber dem Zusicherungsadressaten jederzeit nach Änderung der Sach- oder Rechtslage geltend gemacht werden. Sie ist spätestens dann geltend zu machen, wenn der Betroffene den Erlass des zugesicherten VA verlangt oder den vermeintlich materiellen Anspruch geltend macht. Bei Erlass des zugesicherten VA ist daher die Sach- und Rechtslage des materiellen Anspruchs zu prüfen und erst wenn dieser Anspruch und der Erlass eines entsprechenden VA darauf nicht besteht, ist auch die Wirksamkeit der Zusicherung zu prüfen. Wird der VA aufgrund der Zusicherung erlassen und stellt sich später dessen materielle Rechtswidrigkeit heraus, ist dieser VA nur unter den Voraussetzungen des § 45 zurücknehmbar, auch wenn die Zusicherung nicht mehr verbindlich war.

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