2.1 Abfindungsanspruch

 

Rz. 2

Der Begriff der Witwen- und Witwerrenten umfasst die in §§ 46 geregelten Renten wegen Todes und die Renten nach § 243 an vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten. Zu den Witwen-/Witwerrenten zählen nicht die Renten nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3, § 243 Abs. 4. Anwendung findet die Vorschrift jedoch auf sog. Bestandswitwenrenten nach §§ 19, 20, 45 der 1. RentenVO der DDR, wenn die Voraussetzungen nach §§ 207, 307a erfüllt sind.

 

Rz. 3

Die Rente muss für die Zeit vor der Wiederheirat gewährt worden sein und infolge der Wiederheirat wegfallen, damit ein Abfindungsanspruch, der eine Regelleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist, ausgelöst wird. Entscheidend für die Höhe ist der Zahlanspruch. Deshalb können teilweise oder ganz ruhende Teile von Witwen- oder Witwerrenten nicht abgefunden werden. Eine Abfindung ist nur bei erstmaliger Wiederheirat bzw. (Wieder-)Begründung einer Lebenspartnerschaft möglich. Bei kleinen Witwen-/Witwerrenten vermindert sich das 24fache des abzufindenden Monatsbetrages um die Anzahl der Monate des Bezuges einer kleinen Witwen-/Witwerrente. Über den Weg einer Rentenabfindung bei Wiederheirat soll der Gesamtrahmen (Höchstbezugsdauer) zum Bezug einer kleinen Witwen-/Witwerrente nicht ausgeweitet werden (BT-Drs. 14/4594 S. 50). Der Gesetzgeber hat im SGB VI die bereits zuvor von der Rechtsprechung vorgenommene Einschränkung (BSGE 44 S. 51) in den Gesetzeswortlaut aufgenommen. Eine derartige Einschränkung des Abfindungsanspruches ist auch verfassungsgemäß (BVerfGE 55 S. 114).

 

Rz. 4

Wiederheirat ist jede nach deutschem Recht gültige Eheschließung sowie die Begründung einer Lebenspartnerschaft. Die Dauer der neuen Ehe spielt für die Abfindung keine Rolle. Eine Auflösung der Ehe oder Lebenspartnerschaft sowie der Tod vor Erteilung eines Abfindungsbescheids beeinträchtigen den Abfindungsanspruch nicht. Die Abfindung selbst ist keine Rente und unterliegt deshalb auch nicht der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Soweit die Rente gepfändet oder abgetreten worden ist, erstreckt sich die Pfändung oder Abtretung nicht auch auf die Abfindung, da es sich dabei um eine andere Forderung handelt. Die Abfindung kann jedoch gesondert gepfändet oder abgetreten werden.

2.2 Auswirkungen auf andere Witwen-/Witwerrenten

 

Rz. 5

Da aus einer Versicherung mehrere Witwen-/Witwerrenten gezahlt werden können (z. B. Rente gemäß § 46 und nach § 243), bedurfte es einer Regelung für den Fall, dass eine dieser gemäß § 91 ehezeitbezogenen Renten abgefunden wird. Nach der Wiederheirat fällt die eine Rente weg, sodass die ehezeitbezogene Rentenaufteilung hinfällig wird und die volle Rente jetzt an die/den andere/n Witwe/Witwer gezahlt werden könnte. Deshalb fingiert Abs. 1 Satz 2 eine Weiterzahlung an die/dem wiederverheiratete/n Hinterbliebene/n für 24 Monate, sodass für diesen Zeitraum nur die ehezeitbezogene aufgeteilte Rente der/dem anderen Hinterbliebenen zu gewähren ist. Soweit gemäß Abs. 1 Satz 3 wegen des Bezuges einer kleinen Witwen-/Witwerrente nicht das 24-fache des Monatsbetrages als Abfindung gezahlt worden ist, soll eine andere gleichzeitig geleistete Witwenrente nur noch um diesen verbleibenden Zeitraum entsprechend gekürzt und früher angepasst werden (BT-Drs. 14/4595 S. 50). Erst danach fällt dann ein Berechtigter i. S. v. § 91 weg und die Rente des/der anderen Hinterbliebenen erhöht sich entsprechend.

2.3 Berechnung der Abfindungshöhe

 

Rz. 6

Die Rentenabfindung beträgt den 24fachen Monatsbetrag der Rente, wobei grundsätzlich auf den Durchschnitt der letzten 12 Monate abgestellt wird. Der Zeitraum von 12 Monaten ändert sich nicht um die Monate, in denen keine Rente gezahlt wurde. Bei der Ermittlung des Monatsbetrages ist der Rentenzahlbetrag maßgeblich. Zusatzleistungen aufgrund von Höherversicherungen (grundsätzlich am 1.1.1992 abgeschafft) sind ebenso zu berücksichtigen (§ 269 Abs. 4) wie Minderungen aufgrund von Anrechnungsvorschriften (§§ 9, 93, 97, 311, 312, 314, 314a; dazu SG Berlin, Urteil v. 27.9.2019, S 85 R 279/18). Keine Berücksichtigung finden jedoch aufgrund von Pfändung, Abtretung und/oder Auf- bzw. Verrechnung eingetretene geringere Rentenauszahlungen. Die Eigenanteile des Rentners zur Kranken- und Pflegeversicherung bei entsprechender Versicherungspflicht gehören zum Rentenzahlbetrag und fließen in die Berechnung der Abfindungssumme ein. Beitragszuschüsse gemäß § 106 sind hingegen nicht zu berücksichtigen.

 

Rz. 7

Soweit eine Rente in fehlerhafter Höhe geleistet wurde, ist zur Berechnung der Abfindung auf den rechtlich zutreffenden Zahlbetrag abzustellen. Deshalb sind fehlerhafte Beträge zuvor gemäß §§ 44ff. SGB X zu berichtigen (BSGE 18 S. 270). Ist jedoch eine Korrektur (z. B. wegen Zeitablaufs) nicht mehr möglich, sind bei der Berechnung der Abfindung die bestandskräftig festgestellten und tatsächlich gezahlten (fehlerhaften) Beträge zugrunde zu legen.

 

Rz. 8

Für die Ermittlung des Monatsbetrages hat der Gesetzgeber in Abs. 2 eine Aufteilung in 3 Fallvarianten vornehmen müssen, da bei der Berechnung des maßgeblichen Monatsbetrages die...

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