Dieses Jahr sollte Anfang August in den Finanzämtern Hochbetrieb geherrscht haben: Erstmalig wurde als Abgabefrist für Steuerpflichtige der 31.7.2019 für das Steuerjahr 2018 festgelegt, mitten in der Ferienzeit. Steuererklärungen müssen von Steuerpflichtigen, die sich nicht steuerlich beraten lassen, künftig nicht mehr bis Ende Mai, sondern erst bis Ende Juli abgegeben werden. Steuerpflichtige, die von Steuerberatern beraten werden, erhalten mehr Zeit und müssen die Erklärung erst bis 28.2. des übernächsten Jahres abgeben.

Der Verspätungszuschlag dient dazu, den rechtzeitigen Eingang der Steuererklärungen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung und Entrichtung der Steuer sicherzustellen. Er hat insoweit zugleich repressiven und präventiven Charakter und ist ein Druckmittel eigener Art, das auf die besonderen Bedürfnisse des Steuerrechts zugeschnitten ist. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist abzusehen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft macht, dass die Verspätung entschuldbar ist. Das Verschulden eines Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Erklärungspflichtigen zuzurechnen.

Vor diesem Hintergrund ist in einer Dauermandatsbeziehung sicherzustellen, dass die Steuererklärungen pünktlich beim Finanzamt eingehen. Ist die pünktliche Abgabe der Steuererklärungen für den Steuerberater nicht möglich, hat er den Mandanten frühzeitig auf den voraussichtlich festzusetzenden Verspätungszuschlag hinzuweisen.

 
Praxis-Beispiel

Verspätete Abgabe von Steuererklärungen

Steuerberaterin S erhält am 20.12.2018 die vollständigen Steuerunterlagen für das Veranlagungsjahr 2017 der Eheleute E (sog. Altfall, Pflichtveranlagung). Da S die Erklärungen persönlich am 15.5.2019, um 19:11 Uhr, dem Finanzamt übermittelt hat, stellt sich die Frage, inwieweit S für die verspätete Abgabe Verantwortung übernehmen muss.

Erfüllt ein Steuerberater seine Pflicht, die "pünktliche Abgabe der Steuererklärung mit Rat und Tat zu fördern", nicht ordnungsgemäß, muss er seinem Mandanten die dadurch verursachten Verspätungszu­schläge und ggf. Nachzahlungszinsen ersetzen. Dies hatte der BGH (Urteil v. 31.1.1991, IX ZR 124/90) bereits für Verspätungs- und Säumniszuschläge entschieden. Nichts anderes könne für Nachzahlungszinsen gelten (OLG Düsseldorf, Urteil v. 29.4.2003, 23 U 121/02).

 
Hinweis

Schriftlicher Hinweis zum Bearbeitungszeitraum

Das Beispiel mit dem 20.12. ist bewusst kurz vor Ablauf der Abgabefrist gewählt worden. Diese Fälle häufen sich und haben zur verlängerten Abgabefrist geführt. Das Problem jedoch bleibt. ­Daher ist es ratsam, in derartigen Fällen den Mandanten schriftlich darauf hinzuweisen, dass die Bearbeitung erst nach Fristablauf erfolgen kann.

Festgesetzte Nachzahlungszinsen sind für den Steuerberater ein potenzielles Haftungsrisiko: Zum einen begegnen den Zinsen verfassungsrechtliche Zweifel und zum anderen kann eine unzureichende Belehrung des Mandanten zu einem Schaden führen.

Führt die Festsetzung der Einkommensteuer zu einem Unterschiedsbetrag, ist dieser zu verzinsen. Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbe­trag). Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Der Zinssatz von 0,5 % im Monat (6 % im Jahr) nach § 238 AO ist seit Jahrzehnten unverändert.

Mit seiner Entscheidung vom 25.4.2018 (Az. IX B 21/18) hat der BFH erstmals verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Nachzahlungszinsen geäußert – jedenfalls für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015. Auch der VIII. Senat des BFH hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der hohen Nachzahlungszinsen geäußert. Er geht aber zeitlich sogar noch weiter: Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden war auch für Festsetzungen von Zinsen für Streitzeiträume ab 2012 zu entsprechen (BFH, Urteil v. 3.9.2018, VIII B 15/18). Daneben sind derzeit beim BVerfG zwei Verfassungsbeschwerden zur Zinsproblematik anhängig, die die Zinszeiträume ab 2010 betreffen (Az. 1 BvIR 2237/14; 1 BvIR 2422/17).

 
Hinweis

Einspruch gegen die Zinsen einlegen

Vor dem Hintergrund der anhängigen Verfahren ist Einspruch gegen die Zinsen geboten. Zudem sollte ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden. Dabei kann auch das Ruhen des Verfahrens angeregt werden. Auf diese Weise muss der Mandant die Zinsen zunächst nicht begleichen. Im Erfolgsfall muss er nicht auf die Rückzahlung der Finanzverwaltung warten. Darüber hinaus werden auf Zinsen keine weiteren Zinsen erhoben.

Vor diesem Hintergrund ist stets zu klären, ob ein Einspruch gegen die Zinsen eingelegt wurde. Dabei gilt der 25.4.2018 (Entscheidung durch den BFH) als Stichtag für die Verpflichtung des Steuerberaters. Ferner kann eine unzureichende Belehrung des Mandanten zu einem Schaden führen.

 
Praxis-Beispiel

Übermittlung kurz vor dem Zinslauf

Die Einkommensteuererklärungen der...

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