Dr. Andreas Nagel, Simon Beyme
Jeder Steuerberater kann durch Unfall, Krankheit oder Tod plötzlich und unerwartet ausfallen. In diesem Fall sind manche Kanzleien nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr handlungsfähig. Durch einen individuellen Notfallplan sollte daher geregelt werden, wie diese schwierige Situation erfolgreich bewältigt werden kann.
Bedeutung des Notfallplans
Manche Steuerberater sehen für einen detaillierten Notfallplan aufgrund ihres Lebensalters oder ihres guten Gesundheitszustands keinen Bedarf. Die Vorsorge für Notfälle ist jedoch keine Frage des Alters, denn ein unerwarteter Autounfall, ein Sportunfall oder eine ernste Krankheit können auch junge Steuerberater treffen.
Zu den gesundheitlichen Problemen kommen oft auch viele organisatorische und wirtschaftliche Probleme hinzu, wenn in der Kanzlei kein Notfallplan für den Ausfall des Inhabers vorhanden ist. Im schlimmsten Fall sind sogar die Existenz der Kanzlei und damit auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter gefährdet.
Mit einem gut strukturierten Notfallplan können derartige Situationen in den meisten Fällen deutlich besser bewältigt werden. Wenn alle erforderlichen Maßnahmen vorab durchdacht und dokumentiert wurden, muss sich der Kanzleiinhaber im Krankenhaus nicht mit betrieblichen Problemen beschäftigen oder Angst um den Fortbestand seiner Kanzlei haben, sondern kann sich voll auf eine schnelle Genesung konzentrieren.
Der Notfallplan verhindert auch, dass Mitarbeiter oder Familienmitglieder in der belastenden Situation wichtige Unterlagen zu betrieblichen und privaten Themen zusammensuchen müssen. Spielen Sie daher denkbare Notfallszenarien für Ihre Kanzlei einmal gedanklich durch. Fragen Sie sich:
- Was wäre, wenn ich durch Unfall oder Krankheit längere Zeit nicht in der Kanzlei arbeiten könnte oder wenn ich sogar an den Folgen eines Unfalls oder an den Folgen einer Krankheit sterben würde?
- Was wäre, wenn ich die Kanzleileitung nach dem Notfall aus gesundheitlichen Gründen überhaupt nicht mehr ausüben kann und die Kanzlei aufgegeben oder zeitnah auf einen Nachfolger übertragen werden müsste?
Es ist für jeden Menschen unangenehm, sich mit Ereignissen wie Unfall, Krankheit oder Tod zu beschäftigen. Ein verantwortungsvoller Kanzleiinhaber sollte trotzdem durch einen Notfallplan dafür sorgen, dass die Kanzlei bei seinem Ausfall zumindest für eine Übergangszeit handlungsfähig bleibt und nicht in eine wirtschaftliche Krise gerät.
Der Notfallordner
In einem Notfallordner können alle betrieblichen und privaten Informationen zusammengefasst werden, die bei einem Notfall benötigt werden. Der Ordner kann aus einer Dokumentensammlung in Papierform bestehen oder als digitale Datei auf einem USB-Stick gespeichert werden.
Trennen Sie bei Bedarf die betrieblichen und privaten Unterlagen, wenn der Stellvertreter in der Kanzlei nicht unbedingt auch die privaten Verhältnisse kennen muss.
Im Buchhandel und von Berufsorganisationen gibt es unterschiedliche Vorlagen für einen Notfallordner, die Sie auf Ihre individuellen Verhältnisse anpassen können. Im Internet finden Sie mit den Suchbegriffen "Notfallplan" oder "Notfallordner" ebenfalls zahlreiche Muster.
Bei rechtlichen Fragen Rechtsanwalt hinzuziehen
Bei rechtlichen Fragen sollten Sie zur Erstellung des Notfallordners zusätzlich einen Rechtsanwalt hinzuziehen.
Alle Unterlagen und Informationen müssen so verständlich und übersichtlich zusammengestellt werden, dass ein Vertreter ohne zeitraubende Einarbeitung damit arbeiten und handeln kann. Daher ist es sinnvoll, am Anfang des Notfallordners eine "Bedienungsanleitung" einzufügen, die dem Stellvertreter den Umgang mit den im Ordner enthaltenen Informationen erleichtert. Hier können die wichtigsten Punkte und die Wünsche des Kanzleiinhabers für den Notfall zusammengefasst werden.
Wenn Sie den Notfallordner auf einem USB-Stick speichern, können Sie mit dem Handy auch ein kurzes "Erklärvideo" zum Umgang mit dem Ordner aufnehmen und ebenfalls auf dem USB-Stick speichern. Die persönlichen Hinweise in einem Video und die Erläuterung der wichtigsten Punkte sind für einen Stellvertreter oft leichter verständlich als das mühsame Lesen der einzelnen Unterlagen.
Aufbewahrung und Aktualisierung
Im Notfall muss eine zuverlässige Vertrauensperson sofortigen Zugriff auf den Ordner haben, z. B. der Ehe-/Lebenspartner, eine Vertrauensperson aus der Familie oder ein Rechtsanwalt. Besprechen Sie mit der betreffenden Person den Inhalt des Notfallordners und die erforderlichen Maßnahmen. Informieren Sie auch wichtige Mitarbeiter in der Kanzlei über die im Notfall erforderlichen Schritte.
Der Notfallordner sollte mindestens einmal im Jahr überprüft werden und bei wichtigen Veränderungen bereits unterjährig aktualisiert werden. Kontrollieren Sie, ob alle Unterlagen, Regelungen und Ansprechpartner noch aktuell sind und informieren Sie Ihre Mitarbeiter und Ihre Familie bei Bedarf über wichtige Veränderungen.
Autor: Dr. Andreas Nagel, Steuerberater, Neustadt