Zusammenfassung

 
Überblick

Aufgrund der Corona-Krise gehen bei Mandanten insbesondere aus der Gastronomie oder dem Tourismus die Anzahl der Buchungen, der Bankauszüge usw. stark zurück. Ist es möglich, in der Honorarrechnung einen "Corona-Sondernachlass" zu gewähren? Herr Beyme gibt die Antwort in der Kollegenecke.

1 Gebührenrecht: Anträge auf Tarifermäßigung nach § 32c EStG abrechnen

Die Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach § 32c EStG trat am 27.3.2020 in Kraft, als im Bundesgesetzblatt die Feststellung der Europäischen Kommission bekannt gegeben wurde, dass die Regelung eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe darstellt (BGBl 2020 I, S. 597). Auf Antrag kann sich seither – vereinfacht gesagt – eine Steuerermäßigung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ergeben, wenn im Durchschnitt von 3 Wirtschaftsjahren eine geringere Steuer zu entrichten wäre als dies bei Betrachtung eines einzelnen Wirtschaftsjahrs der Fall ist.

Steuerpflichtige mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), die in mindestens 2 Veranlagungszeiträumen eines Betrachtungszeitraums angefallen sind, können einen Antrag stellen. Die Bezifferung der Tarifermäßigung ist nicht erforderlich. Es kam bereits die Frage auf, wie ein solcher Antrag auf Gewährung der Tarifermäßigung nach StBVV abzurechnen ist.

Eine spezielle Regelung für Anträge nach § 32c EStG enthält die StBVV nicht. Dem Wortlaut nach könnte eine Abrechnung nach § 23 Nr. 10 StBVV ("sonstige Anträge, soweit sie nicht in Steuererklärungen gestellt werden") mit dem Gegenstandswert oder nach § 24 Abs. 4 Nr. 5 StBVV ­("sonstige Anträge und Meldungen nach dem Einkommensteuergesetz") mit der Zeitgebühr in Betracht kommen. Da der Anwendungsbereich des § 23 Nr. 10 StBVV weiter ist als der des § 24 Abs. 4 Nr. 5 StBVV, hat in Fällen, in denen es um Anträge nach dem EStG geht, letzterer als lex specialis Vorrang (vgl. Feiter, eKommentar StBVV, § 24, Rz. 44, Stand: 3.2.2020).

Die Antragstellung nach § 32c EStG kann also nach § 24 Abs. 4 Nr. 5 i. V. m. § 13 Satz 2 StBVV mit der Zeitgebühr abgerechnet werden. Dies erspart die Frage nach Bestimmung eines Gegenstandswerts. Auch ist die Abrechnung von "Proberechnungen", die ergeben, dass mangels Steuerermäßigung kein Antrag nach § 32c EStG gestellt wird, nach § 24 Abs. 4 Nr. 5 EStG analog (also i. V. m. § 2 StBVV) mit der Zeitgebühr (§ 13 Satz 2 StBVV) möglich.

Eine Rechnungstellung könnte, soweit man eine mittlere Zeitgebühr von 100 EUR/Stunde ansetzt und die Antragstellung nicht mehr als eine halbe Stunde in Anspruch nimmt, wie folgt aussehen:

 
Praxis-Beispiel

Rechnungstellung

Antrag nach § 32c EStG, §§ 24 Abs. 4 Nr. 5 i. V. m. § 13 Satz 2 StBVV: 0,5 h à 100 EUR/h = 50 EUR.

Alternativ kann die Antragstellung nach § 32c EStG auch durch eine Vergütungsvereinbarung nach § 4 StBVV bepreist werden.

Autor: Simon Beyme, StB/Syndikus-RA/FA f. StR, Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg e. V.

2 Gerichtsverfahren: Entschädigung bei überlanger Dauer eines PKH-Verfahrens

Der Gesetzgeber hat in § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG geregelt, dass derjenige, der infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, angemessen entschädigt wird (Einzelheiten zu der mit Wirkung vom 3.12.2011 in Kraft getretenen Vorschrift wurden bereits in HHG 8/2017 und HHG 5/2018 vorgestellt und analysiert. Zudem wurde die Regelung in HHG 3/2019 unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten beleuchtet).

Bislang hatte der für Rechtsstreite, die die Gewährung von Entschädigungen in finanzgerichtlichen Verfahren gem. §§ 198ff. GVG betreffen, zuständige X. Senat noch nicht über die Frage entschieden, ob PKH-Verfahren, die einem finanzgerichtlichen Verfahren (isoliert) vorgeschaltet sind, im Fall unangemessen langer Bearbeitungsdauer Entschädigungsansprüche nach § 198 GVG auslösen können. Sollte dies der Fall sein, schließt sich hieran die weitere praxisrelevante Frage an, welche Dauer für ein isoliertes PKH-Verfahren noch als zeitlich angemessen anzusehen ist. Auf beide Fragen hat der X. Senat des BFH im letzten Jahr Antworten gegeben.

Der (umfangreiche) Ausgangssachverhalt

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 15.8.2013 beim FG unter dem Az. 6 K 214/13 (PKH) isoliert die Bewilligung von PKH für eine Untätigkeitsklage u. a. wegen Kindergeld ab 2007 und erhob am 30.3.2014 eine Verzögerungsrüge. Mit am 16.6.2014 zugestelltem Beschluss vom 14.5.2014 lehnte das FG den PKH-Antrag ab.

Am 22.6.2014 beanstandete die Klägerin mit einem an das FG gerichteten und mit "Äußerung bzw. Gegenvorstellung" überschriebenen Schriftsatz die Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbeschlusses. Das FG führte die Eingabe zunächst unter dem vorherigen Az. 6 K 214/13 (PKH). Im Laufe des Jahres 2015 erhielt die Eingabe – ohne Angabe von Gründen – das Az. 6 K 276/15.

Zwischenzeitlich – und zwar am 4.9.2014 – hatte die Klägerin unter dem Az. 6 K 192/14 (PKH) einen zweiten PKH-Antrag gestellt und machte die "Nichtigkeit und Gesetzeswidrigkeit" von Bescheiden der Familienkasse geltend. Am 10.3.2015 erhob die Klägerin zudem unter Benennung der Az. 6 K 214/13 (PKH) sowie 6 K 192/14 (PKH) eine weitere Ver...

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