Das KG Berlin beschäftigte sich mit Urteil v. 8.6.2018 (Az. 9 U 41/16) mit der Fragestellung, unter welchen Voraussetzungen der Wegfall der Vergütungspflicht i. S. d. § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB greift.

§ 628 BGB regelt, dass sofern ein nach § 626 BGB oder § 627 BGB abgeschlossenes Dienstverhältnis zu einem Zeitpunkt gekündigt wird, an dem die eigentliche Dienstleistung bereits in Teilen erbracht wurde, der zur Erbringung der Leistung Verpflichtete grundsätzlich vom Leistungsempfänger einen Teil der vereinbarten Vergütung verlangen kann. Dieser Anspruch entfällt, sofern dem Dienstverpflichteten nachgewiesen werden kann, dass aufgrund eines von ihm verschuldeten vertragswidrigen Verhaltens gekündigt wurde.

Der klagende Rechtsanwalt begehrte von der Beklagten die Bezahlung von ihm erbrachter anwaltlicher Leistungen. Gegenstand der Klage war zum einen die Abwehr von Vergütungsansprüchen gegenüber einer Notarin, die die Beklagte mit dem Entwurf zweier Grundstücksübertragungsverträge beauftragt hatte und der Erstellung eines Testaments. Zum anderen beauftragte die Beklagte den klagenden Rechtsanwalt mit der Erstellung eines Entwurfs für zwei weitere Grundstücksübertragungsverträge.

Mit Schreiben vom 10.10.2014 kündigte die Beklagte das mit dem Rechtsanwalt geschlossene Mandatsverhältnis mit der Begründung, sie benötige noch weitere Bedenkzeit und wolle die zu übertragenden Häuser erst schätzen lassen. Nach erfolgter Kündigung forderte der Kläger dann im Rahmen von 4 auf den 13.10.2014 datierten Gebührenrechnungen die nachfolgend aufgeführten Zahlungen:

  • 952 EUR für die Erstberatung der Abwehr unberechtigter Forderungen gegenüber der Notarin, die mit der Erstellung der ersten beiden Grundstücksübertragungen von der Beklagten beauftragt wurde.
  • 1.689,80 EUR für die außergerichtliche Tätigkeit aufgrund der vom 7.10.2014 geschlossenen Vergütungsvereinbarung.
  • 16.342,27 EUR für den Entwurf eines Grundstücksübertragungsvertrags für Grundstück 1.
  • 9.202,27 EUR für den Entwurf eines weiteren Grundstücksübertragungsvertrags für Grundstück 2.

Um der Beklagten gegenüber den Nachweis zu erbringen, dass er bereits mit der Fertigung der Entwürfe, insbesondere für die beiden Grundstücksübertragungsverträge begonnen hatte, übersandte der Rechtsanwalt der Beklagten die von ihm bereits begonnenen, jedoch noch nicht abschließend fertiggestellten Entwürfe.

Mit Schreiben vom 3.11.2014 berief sich der von der Beklagten beauftragte Prozessbevollmächtigte auf den Wegfall der Vergütungspflicht unter Berufung auf die Anwendungsvorschrift des § 628 BGB, mit folgenden Begründungen:

  • Die Grundstücksübertragungsverträge basieren auf einer steuerschädlichen Vertragsgestaltung und daher sei vom Rechtsanwalt ein vertragswidriges Verhalten i. S. d. § 628 BGB indiziert.
  • Es liege eine sittenwidrige Überhöhung des Honorars auf Seiten des Klägers vor, hinsichtlich der Vergütung für die Erstberatung und die außergerichtliche Tätigkeit gegenüber der Notarin.

Die Beklagte wurde verurteilt, die beiden ersten Rechnungen über eine Gebührenhöhe von 952 EUR und eine Gebührenhöhe von 1.689,80 EUR zu begleichen. Im Weiteren wurde die Klage vom Gericht abgewiesen. Das Gericht begründete seine Auffassung wie folgt:

Hinsichtlich der Vergütungsansprüche des Klägers bezüglich der beiden Rechnungen über die Fertigung der Grundstücksübertragungsverträge könne grundsätzlich keine Vergütung vom Kläger verlangt werden, denn diesem Vergütungsanspruch stehe § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich entgegen.

Klarstellend führt das Gericht aus, dass im Rahmen dieser Vorschrift der Vergütungsanspruch für den Dienstverpflichteten entfällt, sofern dieser durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstberechtigten (hier: Beklagte) veranlasst hat und die bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Dienstberechtigten nicht mehr von Interesse sind.

Weiterhin führte das Gericht urteilsbegründend aus, dass die Beklagte die zwar erstellten, aber noch nicht endgültig fertiggestellten Entwürfe der beiden Grundstücksübertragungsverträge zwar bekommen habe, diese jedoch nicht verwerten könne, da die Beklagte einen weiteren Rechtsanwalt beauftragen müsse, mit der Überarbeitung der noch nicht fertiggestellten Vertragsentwürfe. Diesbezüglich würde in letzter Konsequenz die anwaltliche Vergütung in gleicher Höhe noch einmal anfallen (BGH, Urteil v. 29.9.2011, IX ZR 170/10). Im Übrigen habe der klagende Rechtsanwalt durch sein vertragswidriges Verhalten i. S. d. § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB die Kündigung der Beklagten vom 10.10.2014 selbst veranlasst. Denn letztendlich stelle die festgestellte Fehlerhaftigkeit der beiden Vertragsentwürfe ein vertragswidriges Verhalten dar, das in den Anwendungsbereich des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB falle. Infolge dessen sei der Vergütungsanspruch entfallen. Die Vertragsentwürfe, gefertigt vom Rechtsanwalt, seien insofern als steuerschädlich anzusehen, als dass diese einen Zuwendungsnießbrauch statt eines Vorbehaltsnießbrauchs zum Inhalt h...

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